Samstag, 17. Februar 2024

NÄRRISCHE NACHLESE

Der Mülheimer Karneval ist in der abgelaufenen Session kleiner, aber nicht schlechter geworden. Die Zahl der aktiven Karnevalisten ist in den vergangenen 25 Jahren von 1600 auf 1000 zurückgegangen. Auch der organisierte Frohsinn wird vom demografischen Wandel getroffen. Die Zahl der Menschen mit einer karnevalsafinen Sozialisation nimmt ab. Die Zahl der Menschen, due mit dem Karneval kulturell nichts anfangen können, nimmt zu. Menschen mit Migrationshintergrund, die sich aktiv in die Fünfte Jahreszeit einbringen, sind selten. 

Jeder Jeck ist anders

Die Saal- und Straßenveranstaltungen der abgelaufenen Session 2023/2024 haben aber auch gezeigt: Das Brauchtum Karneval ist auch in der Ruhrstadt, die nicht mit den rheinischen Karnevalshochburgen vergleichbar ist, weiterhin gesellschaftlich relevant. Es ist gewollt und wird auch sozial gebraucht, ob in der Jugendarbeit, beim Thema Inklusion und mit Blick auf den Kreis der Senioren. Auch in der Session, in der mit dem Aschermittwoch am 14, Februar 2024 erst mal als vorbei war, haben die Tollitäten und Karnevalsgesellschaften Menschen in den örtlichen Pflegeeinrichtungen den Spaß an der Freude ins Haus gebracht. Bei der inklusiven Karnevalsparty, zu der die Karnevalsgesellschaft Mülheimer Stadtwache und der Verein für Bewegungsförderung und Gesundheitssport am 26. Januar 2024 in den Festsaal der Stadthalle eingeladen hatten, waren 440 kostümierte und begeisterungsfähige Jecken mit von der närrischen Partie. Die Auftritte des Tanzkorps der KG Dürscheider Mehlsäcke, der inklusiven Tanzgruppe Flotte Socken und der inklusiven Närrischen Zuggemeinschaft, dem Prinzen Andy an der Spitze, gehörten zu den Höhepunkten des von Musik und Tanz bestimmten Bühnenprogramms. Im Rahmen der vom städtischen Kulturbetrieb geförderten Grenzenlos-Party, die bereits seit mehr als 25 Jahren über das Parkett der Stadthalle geht, wurde ihr sowohl an der Spitze des Vereins für Bewegungs- und Gesundheitssport als auch im Vorstand der Mülheimer Stadtwache aktiver Initiator Alfred Beyer mit dem Prinzenorden für seine Verdienste um die Inklusion innerhalb und außerhalb des Karnevals ausgezeichnet.

Einen Rückschlag in Sachen Inklusion musste, die durch den Selbecker Dorfkarneval seit 1992 mit den BewohnerInnen der Theodor-Fliedner-Stiftung hinnehmen. Aufgrund des Personalmangels der Theodor-Fliedner-Stiftung konnten diesmal keine BewohnerInnen aus dem Selbecker Fliednerdorf auf dem Rosenmontagswagen der KG Röhrengarde mitfahren. Nicht nur bei der Röhrengarde, die auch bei ihrem volkstümlichen Karnevalsfest in der Realschule Stadtmittel Gäste aus dem Fliednerdorf gerne willkommen heißt, hofft man, dass dieser schmerzliche Ausfall eine Ausnahme bleibt.

Jung, jeck und Spitze

Gemäß dem Sessionsmotto: "Karneval für jedermann. Jetzt sind mal die jungen dran!", zeigte sich der Mülheimer Karneval zwischen dem 11.11. 2023 und dem Aschermittwoch an seiner Spitze mit den Tollitäten, Fabienne Brugheat, Yannik Jungblut (Rote Funken) und Zoé-Lynn Espelmann und Schumann von seiner nachwuchsfreundlichsten Seite. Tatsächlich haben die jungen Tollitäten, inklusive der Paginnen Antonia Gehlhaus, Michelle Jungblut und Julia und die Hofmarschälle Michael Becker, Christina Schwab und Thomas Brugheat ihre Aufgabe als sympathische und eloquente Botschafter des in aktuell zwölf Karnevalsgesellschaften und im Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval organisierten Mülheimer Frohsinns bestens gemeistert. Neben ihren Shows kamen beim Publikum auch ihre Bekenntnisse zu einem im umfassenden Sinne inklusiven und integrativen Karneval beim Publikum gut an. Generell lässt sich mit Blick auf den Saalkarneval aktuell feststellen, dass der Publikumstrend eher zum Partymodus als zur wortgewitzten Büttenredenschlacht geht.

Ein Klassiker des Mülheimer Straßenkarnevals blieb und bleibt dagegen dankenswerterweise der diesmal von Elli Schott und Josephine Stachelhaus moderierte Möhnensturm des Rathauses, inklusive der Möhnenparty, die auch diesmal, trotz Regen, gut und gerne von den Jeckinnen auf dem Pastor-Luhr-Platz in Saarn gefeiert wurde.

66 Jahre Mölmsch jeck

Der vom Präsidenten Markus Uferkamp und von seinem Geschäftsführer Hans Klingels angeführte Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval konnte in der Session 2023/2024 sein 66-jähriges Bestehen am Karnevalsfreitag, 9. Februar 2024, mit einer Närrischen Nacht unter dem Motto "66 Jahre Mölmsch jeck" im Altenhof an der Kaiserstraße feiern. Diese neue Veranstaltung am Karnevalsfreitag soll dauerhaft den zwischen 1984 und 2020 in der Stadthalle gefeierten Prinzenball ersetzen.

Nicht nur der am 11. Dezember 1957 im Handelshof gegründete Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval, sondern auch die Karnevalsgesellschaften der Roten Funken und Blau Weiß freute sich in der vergangenen Session, dass ihnen der 1930 als Haus der Evangelischen Kirche errichtete Altenhof als geeigneter und allgemein geschätzter Veranstaltungsort wieder zur Verfügung stand. Auch das Autohaus Wolf in Saarn und das Dümptener Autohaus der Deichmanngruppe bewährte sich 2023/2024 zum Beispiel bei der Prinzenproklamation, bei den Herren- und Mädchensitzungen der Roten Funken und beim Gemeindekarneval "Firlefanz im Engelkranz" mit der von Rolf Völker angeführten MüKaGe. Und auch in der zurückliegenden Session haben die Autohäuser der Wolf- und Deichmanngruppe mit der Bereitstellung der Prinzenmobile die mölmschen Tollitäten in Fahrt gebracht.

Kirche und Karneval zeigten sich auch bei der ökumenischen Festmesse in St. Mariae Geburt an der Althofstraße und beim Karnevalsgottesdienst in der Imanuellkirche an der Kaiser-Wilhelm-Straße von ihrer fröhlichsten und ökumenischsten Seite. Deshalb waren auch nicht nur Oberbürgermeister Marc Buchholz, sondern auch Stadtdechant Michael Janßen und Superintendent Michael Manz beim 61. Rosenmontagszug des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval gern gesehene Mitfahrer. Der närrische Zug, der sich mit 23 Wagen, drei Musikkapellen und elf Fußgruppen am Rosenmontag, 12. Februar auf seiner 3,5 Kilometer langen Route in jeder Hinsicht unfallfrei und bei besten Wetterbedingungen durch die Innenstadt bewegte lockte insgesamt rund 26.000 Menschen ins Mülheimer Stadtzentrum.

Oberbürgermeister Marc Buchholz, der an den Tollen Tagen mit den Stadtschlüsseln seine Macht symbolisch an die Tollitäten abgeben musste, hatte  schon im Vorfeld der Session bei den Karnevalisten Pluspunkte gesammelt, nachdem er sich erfolgreich in ihren Sponsorensuche und in ihre Bestrebungen, nach einer Freigabe des Altenhofes für den Saalkarneval eingeschaltet hatte.

Ohne Moos nichts los

Trotz ihres unschätzbaren und bezahlbaren ehrenamtlichen Engagements sind Mülheims Karnevalisten auf Geldgeber aus der Stadtgesellschaft angewiesen, um zum Beispiel am Rosenmontag einen Zug durch die Gemeinde schicken und Kamelle, Schokoriegel, Bälle, Kekse und die besonders beliebten Plüschtiere unters närrische Volk zu bringen.

Deshalb hat das Brauchtum Mülheimer Karneval auch in der Session 2023/2024 nicht nur in seinem von Hans Klingels verantworteten Narrenkurier bei seinen Partnern Westenergie, RWW, Aldi-Süd, AZ Clean Group, MEG, Hagebaumarkt, RS-Reisemobile, Ruhrdeichgruppe, Sparkasse Mülheim an der Ruhr, Gerüstwerk, und bei der Wartseiner Brauerei gerne bedankt,  verbunden mit der Hoffnung auf eine auch weiterhin gute Zusammenarbeit im Sinne von Uss Mölm, Helau und Spaß an der Freude. 


Zum Mülheimer Karneval & Zum Autor

 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Licht im Dunkel

  Christen und Juden zünden im Dezember Kerzen an. Ob am Weihnachtsbaum oder auf dem achtarmigen Chanukka-Leuchter. "Das Licht steht fü...