Wir wussten es schon immer. Die Altstadt ist der historische Kern unserer Stadt. Hier residierten die 1093 erstmals urkundlich erwähnten Edelherren von Mülheim in ihrem Muhrenhof. Hier weihten sie ihre Hofkapelle dem heiligen Petrus. Im 13. Jahrhundert wurde aus der Kapelle die Petrikirche, an der nicht nur ein Wochenmarkt abgehalten, sondern die Mülheimer auch zur letzten Ruhe gebettet wurden. Wenn man sich Vorkriegsfotografien anschaut, sieht man, wie eng die Altstadt auf dem Kirchenhügel bebaut war, ehe der schwerste Luftangriff des Zweiten Weltkrieges in der Nacht vom 22. auf den 23. Juni die Innen- und Altstadt mit 1600 Bomben in Schutt und Asche legte.
Heute sind wir dankbar für jedes Fachwerkhaus, dass in der Altstadt die 161 Luftangriffe des Zweiten Weltkrieges überstanden hat, um uns vom Leben unserer Vorfahren zu erzählen. Diese Dankbarkeit drückt sich jetzt auch darin aus, dass der Kirchenhügel und seine angrenzenden Straßen in die Denkmalliste der Stadt und in die Bodendenkmalliste des Landschaftsverbandes Rheinland aufgenommen worden sind.
Diese Dankbarkeit gab es nicht immer. So wurde das 1530 errichtete Tersteegenhaus 1950 als Heimatmuseum wiederaufgebaut, aber das Geburtshaus des Arztes und Dichters Karl Arnold Kortum 1957 abgerissen und 1962 an der Kettwiger Straße 6 durch ein neues Haus für den CVJM ersetzt.
Eben dort, an der Kettwiger Straße sind seit 1969 auch Uwe und Irmtraud Baumann zuhause. "Die hört man kaum noch", beschreibt Uwe Baumann den Gewöhnungseffekt eines Alltags in Sicht und Hörweite der Glocken von Petri. Auch die seit der Reformation evangelische Petrikirche wurde durch den Luftkrieg bis auf die Grundmauern zerstört und dann, von 1949 bis 1958 mühsam wieder aufgebaut. Alte Fotos aus den 1950er Jahren zeigen eine Petrikirmes auf dem Kirchenhügel, deren Erlös in den Wiederaufbau der Petrikirche investiert wurde.
Dass die Altstadt jetzt offiziell zum Denkmal und zum Bodendenkmal erklärt worden ist, beeindruckt den Altstadtmitbewohner Uwe Baumann weniger, als die Tatsache, dass die Altstadt seit 2005 eine verkehrsberuhigte Zone ist und darüber hinaus alle Jahre wieder mit einem beliebten Adventsmarkt die Altstadt zum Treffpunkt macht. Apropos Treffpunkt. Auch darüber kann sich Baumann freuen, dass zuletzt wieder viele lange verwaiste Lokale der Altstadt jetzt mit neuer Gastronomie belebt worden sind.
Auch das, auf Initiative des Unternehmers Ulrich Turck, als Gemeindehaus neu errichteten Petrikirchenhaus zwischen Petrikirche und Tersteegenhaus, sieht Baumann ebenso als sinnvolle Wiederbelebung alter Traditionen wie die 2006 vom Verein der Altstadtfreunde neu errichtete Kortumbrunnen an der Petrikirche. Auch sein Vorgänger war 1943 ein Opfer der Bomben geworden.
Auch über die Wiedereröffnung des Heimatmuseums im Tersteegenhaus würde sich Altstadtbewohner Uwe Baumann freuen. Das älteste noch existierende Haus der Altstadt ist bereits seit 2011 wegen Baufälligkeit geschlossen und wird mit Unterstützung eines Freundeskreises derzeit restauriert. Ende offen.
Ende offen. Das gilt auch für die Frage, wann sich auch Radfahrer an das auf dem Kirchenhügel vorgeschriebene Schritttempo halten werden. Allerdings konnte die Stadt mit ihren historischen Recherchen jetzt auch die Frage beantworten, wie Altstadt zu ihrer Ringmauer gekommen ist. Sie war demnach eine Schutzmauer, die die alten Mölmschen errichtet hatten, nachdem der Mülheimer Kirchenhügel 1442 von Truppen des Kölner Erzbischofs angegriffen worden war.
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