Mittwoch, 5. Juli 2023

MÜLHEIMS DUNKELSTE NACHT

 Mülheim vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Das sind zwei verschiedene Städte. Man sieht es auf den ersten Blick, wenn man Stadtansichten miteinander vergleicht.

Das hat vor allem mit den 160 Luftangriffen zu tun, die Mülheim während des Krieges trafen. Der schlimmste traf die Stadt in frühen Stunden des 23. Juni 1943. Zwischen 1.10 Uhr und 2.20 Uhr legten 490 Bomber der Royal Airforce mit 1600 Tonnen Brand- und Sprengbomben die Innenstadt und die industriell geprägten Stadtteile Styrum und Eppinghofen. Allein in dieser einen Nacht wurden 513 Menschen getötet. Rund 1100 Mülheimerinnen und Mülheimer sollten Opfer des Luftkriegs werden. Mit ihren Angriffen, die die NS-Propaganda als "Terrorangriffe" bezeichnete, wollten die Briten auch in Mülheim die rüstungsrelevante Industrieinfrastruktur und die Kriegsmoral der Zivilbevölkerung zerstören. 

Als Mülheim in Flammen stand.

Auch in dieser Nacht, in der ein Feuersturm entfacht wurde, fanden die meisten Menschen Zuflucht in ihrem Keller. Nur für 13 Prozent der Stadtbevölkerung gab es einen Bunkerplatz. Stadtweit gab es 44 Bunker und 500 Luftschutzräume. Jeder Haushalt musste seine Fenster nachts mit im Rathaus erhältlichem schwarzem Papier verdunkeln, um den Bomberpiloten nachts die Orientierung zu erschweren. Diese machten im Gegenzug mit ihren sogenannten "Christbäumen" die Nacht zum Tag, wenn sie ihre Bomben abwarfen. Einer der Mülheimer Bunker befand sich in einem Stollen unterhalb der Freilichtbühne, wo auch Patienten des Evangelischen Krankenhauses lagen. Viele Patienten des St. Marien-Hospitals hatten weniger Glück. Das katholische Krankenhaus an der Kaiserstraße wurde getroffen. Zeitzeugen berichten, dass sie am Vormittag des 23. Juni 1943 zugedeckte Leichen auf der Kaiserstraße liegen sahen. Viele Straße, so berichten sie, seien durch Gebäudetrümmer unpassierbar gewesen. Bis zum Mittag des 23. Juni 1943 seien die Menschen in der Stadt ohne Strom und Wasser. Bei den Aufräumarbeiten nach den Luftangriffen wurden unter anderem Zwangsarbeiter eingesetzt, die selbst keinen Zutritt zu Bunkern hatten.

Mehr als 7000 Kriegstote

Als der Krieg für Mülheim mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen am 11. April 1945 zu Ende ging, lagen 880.000 Kubikmeter Trümmerschutt auf den Straßen der vom Krieg gezeichneten Stadt. 71 Prozent der innerstädtischen Gebäude waren zerstört oder beschädigt. Mehr als 7000 Mülheimer waren Opfer des Krieges geworden, der 1939 von Deutschland ausgegangen war. Es sollte bis 1953, ehe Mülheims für "trümmerfrei" erklärt werden konnten. Im gleichen Jahr wurden mit der deutsch-englischen Städtepartnerschaft zwischen Mülheim und Darlington erstmals aus ehemaligen Feinden langsam, aber sicher Freunde.


Mülheimer Presse

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