Sonntag, 21. August 2022

Genau hingeschaut

 Kommunalpolitiker machen während der parlamentarischen Sommerpause nicht nur Urlaub. Sie besuchen, wie hier, Mitglieder der CDU-Ratsfraktion, "Baustellen" der Stadt, um sich vor Ort ein Bild zu machen, mit Fachleuten ins Gespräch zu kommen und sich von diesen mit Fakten füttern zu lassen, die sie dann später in ihren fraktions- und koalitionsinternen Beratungen mit ihren politischen Zielen abgleichen. 


Die Windkraftanlage im Styrumer Ruhrbogen, die seit 2019 mit jährlich 5,1 Millionen Kilowattstunden 2000 Haushalte versorgt, war dabei nur eine Station der christdemokratischen Sommerferientour. Hier wiesen Geschäftsführer Dr. Hendrik Dönnebrink und Projektleiter Marius Schreckenberg von der Mülheimer Energiedienstleistungsgesellschaft auf den Mehrwert, den eine Photovoltaikanlage und eine zweiten Windkraftanlage hin. Mit ihrer Hilfe könnten, sobald der nahegelegene Deponiebetrieb Ende 2023 eingestellt werde, eine Strom- und Wärmeversorgung für 3000 weitere Haushalte hergestellt werden könnte. Einig war man sich auf der Styrumer Ruhrhöhe, dass Rat und Verwaltung planungsrechtlich den Weg zügig freimachen müssten, um die Energiewende vor Ort voranzutreiben und damit den Folgen des Klimawandels und der durch den Ukraine-Krieg gefährdeten Energiesicherheit zu begegnen.

Zu wenig Personal und unkalkulierbare Kosten 


Der inklusive Kulturverein Art Obscura an der Georgstraße und das Ledermuseum an der Düsseldorfer Straße gehörten ebenso zu den Haltepunkten der kommunalpolitischen Realitäts-Checker, wie das Transformationsgebiet des 65.000 Quadratmeter großen ehemaligen Tengelmann-Areals qn der Wissollstraße in Broich, dass sich unter der Regie des österreichischen Investors Soravia bis 2030 zur Parkstadt, inklusive nicht unumstrittener Hochhäuser, wandelt. Am 8. Septemberlädt Sorvaia von 16 bis 20 Uhr zu einer Projektinformation in den ehemaligen Spiegelsaal der Tengelmann-Zentrale.

Baustellenbesuche im wörtlichen Sinne waren auch die Visiten im städtischen Pflegeheim an der Gracht sowie an der Otto-Pankok- und der Gesamtschule Saarn. Auch dort, wo Mülheim ewige Ruhe und grüne Idylle ausstrahlt, tut sich immer wieder kommunalpolitischer Handlungsbedarf auf, wie der Fraktionsbesuch auf dem 1916 eröffneten angelegten Hauptfriedhof der Stadt zeigte. Der Hauptfriedhof wurde ab 1915 auf einem 45 Hektar großen Exerzierplatz angelegt.

Grundsätzlich zeigte sich bei allen "Stations-Gesprächen" der Sommerferientour: Immer wieder geht es ums Geld, mal um einige 1000 Euro, mal um etliche Millionen. Das Geld. dass im hochverschuldeten Mülheim schon vor dem Beginn des Ukraine-Krieges-Mangelware war, wird jetzt durch den Preisgalopp der kriegsbedingten Inflation zunehmend weniger wert. Auch in dem 2007 von der Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft errichteten Josefshaus der Caritas, in dem an der Gracht psychisch erkrankten Menschen betreut leben, bekamen die Ratsmitglieder der CDU die Sorge des Trägers vor stark ansteigenden Energiekosten zu hören.

Baukosten werden für dem städtischen Immobilienservice immer unkalkulierbarer. Und das Problem des Fachkräftemangels ist inzwischen sogar bei der Grünpflege der Friedhöfe angekommen, wo das zuständige Grünflächenmanagement der Stadt inzwischen nicht nur mit Radrowdys, die Trauerzüge stören, sondern auch mit externen Auftragnehmern, die ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sind, ihren gepflegten Ärger hat. Dem stehen begrenzte personelle Bordmittel der Friedhofsverwaltung gegenüber, die mit aktuell 45 Mitarbeitenden Verwaltungs- und Bestattungsdienst gewährleisten muss. Das Problem des realexistierenden Fachkräftemangels und dessen finanziellen und menschlichen Folgen, waren auch beim Baustellenbesuch an der Gracht ein wichtiges Thema. In dem von den Mülheimer Seniorendiensten getragenen Haus, das in den 1960er Jahren errichtet wurde, leben zurzeit 168 pflegebedürftige Menschen. Die dortigen Umbaumaßnahmen sollen nach fünf Jahren im Frühjahr 2023 abgeschlossen werden und rund 21,5 Millionen Euro kosten.

Kultur ist schön, kostet aber auch etwas

An den Kulturorten Ledermuseum und Art Obscura wurde deutlich, dass die der Finanznot geschuldete politische Prioritätensetzung der Kommune dazu führt, dass bestimmte kulturelle Angebote, die der Stadtgesellschaft Kommunikation, Zusammenhalt, Bildung und Identifikation stiften, nur durch bürgerschaftliches Engagement und gemeinnützige Stiftungen, wie etwa der Aktion Mensch, die den inklusiven Kulturverein Art Obscura unterstützt, aufrechterhalten werden können.

An den Schulbaustellen in Stadtmitte und Saarn wurden die Fraktionsmitglieder der CDU nicht nur mit sichtbaren Fortschritten der notwendigen Modernisierung und Erweiterung, sondern auch mit der Tatsache, dass der Unterricht in Schulcontainern, zumindest mittelfristig, weiterhin zum Schulalltag gehören wird. Die Baustelle Otto-Pankok-Gymnasium soll 35 Millionen Euro kosten und bis 2025 beendet werden. Für das Schulzentrum Saarn prognostiziert der städtische Immobilienservice 50 Millionen Euro als Baukosten und das Jahr 2026 als Zielpunkt für den Abschluss des Schul- und Ausbaus, der dann insgesamt zehn Jahre in Anspruch genommen wird.

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