Samstag, 6. August 2022

Ein Laden auf dem Lande

 „Hofläden spüren deutlich: Mülheimer sparen bei Lebensmitteln“ So berichtete diese Zeitung in ihrer Ausgabe vom 8. Juni. Biobauer Klaus Felchner hat dieser Beitrag dazu motiviert, sich mit einem Plädoyer für Qualitätsprodukte aus der biologischen Landwirtschaft an die Redaktion zu wenden. Felchners Hofladen am Bollenberg 74 in Raadt, der solche Produkte, freitags zwischen 12 und 18 Uhr, an die Frau und den Mann bringt, hat, wie ein Besuch am vergangenen Freitag zeigte, offensichtlich viele Stammkunden, die ihm auch in Zeiten der Inflation treu bleiben.

„Wenn die Qualität und die persönliche Ansprache stimmen, kommen die Kunden auch, wenn die Preise anziehen, weil es sich hier um Menschen handelt, die mit Herz und Verstand einkaufen“, sagt Klaus Felchner. Er betreibt seinen Hof in Nähe des Flughafens als Familienbetrieb. Seine Frau Monika und die gemeinsamen Töchter Viktoria, Johanna und Katharina sind nicht nur Familie, sondern auch Kollegen.

Das gilt beim Verkauf im Hofladen und auf den Essener Wochenmärkten in Rüttenscheid, Holsterhausen, Fronhausen und Heisingen, für die Bewirtschaftung der eigenen Obst- und Gemüsefelder, beim Kuchenbacken und beim Suppekochen  sowie für den Zukauf landwirtschaftlicher Bio-Produkte beim Demeter-Großhandel in Meckenheim. Bauchschmerzen macht den Felchners nur, dass sie ihren selbstgebackenen Kuchen und ihre selbstgekochten Suppen derzeit nur über ihren Hofladen verkaufen können, weil ihnen das Bauordnungsamt im März 2020 den Betrieb des Hofcafés untersagt hat. Klaus Felchner, der händeringend auf Grünes Licht aus dem Rathaus wartet, sagt angesichts des schwebenden Verfahrens nur soviel: „Es gibt baurechtlichen Klärungsbedarf!“

Vor und im Hofladen am Bollenberg trifft man Menschen, die hier gerne und entspannt einkaufen und sich sogar Zeit für ein Wort an die Leserinnen und Leser dieser Zeitung nehmen. Verpackungen und Tüten? Fehlanzeige. Alles wird unverpackt verkauft. Jeder Kunde hat sein eigenes Behältnis dabei.

„Ich schätze es, bei Menschen einzukaufen, die ich kenne und die eine besondere Beziehung zu ihren Produkten und zu ihren Kunden haben“, sagt Doris Wrobel. „Wenn ich vielleicht etwas mehr als beim Discounter bezahle, empfinde ich das nicht als Luxus. Denn ich lebe trotzdem schlicht und bevorzuge vegetarische Lebensmittel. Ich schaue beim Einkaufen nicht auf jeden Pfennig, sondern darauf, ob ich die Lebensmittel, die ich einkaufe, auch vertragen kann. Außerdem kaufe ich nicht gerne bei Discountern und in Supermärkten, weil idort schlechte Arbeitsbedingungen herrschen. Nach meiner Erfahrung kommt man finanziell gut hin, wenn man bewusst jahreszeitliche Produkte kauft und zum Beispiel keine Erdbeeren in der Weihnachtszeit essen muss.“

Birgit und Robert Lauer erklären: „Wir kaufen schon seit 15 Jahren hier ein. Der selbstgebackene Kuchen und die selbst gekochten Suppen schmecken einfach unglaublich gut. Wir legen Wert auf vollwertige Lebensmittel und darauf, dass wir uns beim Einkaufen wohlfühlen. Den Qualitätsunterschied zum Supermarkt und zum Discounter schmecken wir deutlich. Und wenn wir abrechnen, ist der Einkauf im Hofladen nicht viel teurer als wenn wir im Supermarkt oder beim Discounter einkaufen würden.“

„Wir kaufen hier fast jede Woche hier ein“, sagen Armin und Heide Rahman. Inzwischen bekommen Sie die aktuellen Angebote des Hofladens sogar via Whatsapp auf ihr Smartphone. Der selbstgebackene Kuchen ist großartig“, sind sich beide einig. Dass die Fechners aus baurechtlichen Gründen ihr  Hofcafé seit zwei Jahren nicht betreiben dürfen, verstehen die Rahmanns nicht. Ihnen gefällt auch der menschliche Anschluss, den sie im Hofladen erleben. Din Töchter der Felchners kennen sie schon von Kindheit an. Die Felchners die mit Freunden auch in der Feller Band gemeinsam musizieren, erinnern sie ein wenig an die irische Kelly Family. Tatsächlich könnte der Biohof Felchner rund um das 125 Jahre alte Fachwerkhaus auch irgendwo in Irland stehen.

Die beiden Kundinnen Sabine Schipper und Andrea Röntgen betonen: „Wir kaufen unseren täglichen Bedarf einfach gerne regional und um die Ecke, vor allem dann, wenn wir damit einen Familienbetrieb unterstützen können.“ Wenn es nach Ihnen ginge, könnte der Hofladen am Bollenberg nicht nur freitags geöffnet haben.


Meine Texte in NRZ und WAZ 


und 


Zum Hofladen Felchner

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