Mutter ist seit kurzem ein Fan der italienischen Polizei. Was sie begeisterte, war ein Fernsehbericht über drei musikalische Carabinieri, die bei Ihren Streifenfahrten ihren in ihren Wohnungen eingeschlossenen Landsleuten regelmäßig ein Ständchen bringen. Normalerweise muss die Polizei von Amts wegen ihren Mitbürgern den Marsch blasen, etwa, wenn sie in diesen Corona-Zeiten den notwendigen Sicherheitsabstand nicht einhalten. Aber nicht nur im Land des Belcanto hat man erkannt, dass mit Musik alles leichter ist, auch das Ertragen der Corona-Krise. So hat man sich im Pflegeheim Franziskushaus zuletzt einen Schlagersänger eingeladen. Der machte den Garten des Altenheims am Leinpfad zur Bühne und die rückwärtigen Fenster des Franziskushauses zur Konzertgalerie. Auf der lustwandelten die dort im erzwungenen Hausarrest lebenden Senioren durch die schönsten Zeiten ihres Lebens, in dem sie noch einmal die rote Sonne bei Capri versinken sahen oder die roten Lippen vor Augen hatten, die man küssen soll. Die unvergessene Joy Flemming hatte schon recht, als sie beim Europäischen Schlagerfestival vor 45 Jahren sang: „Ein Lied kann eine Brücke sein. Und jeder Ton ist wie ein Stein. Er macht dich stark und fest. Du kannst darüber gehen und andere verstehen. Ein Lied kann eine Brücke sein. Hab‘ etwas Mut und stimm‘ mit ein. Und ist dein Herz bereit: Komm her aus der Einsamkeit.“ Ihr Lied ist in unseren Zeiten, in den wir uns nichts weniger leisten können, als Trübsal zu blasen, aktueller denn je. Schön, wenn es immer wieder die richtigen Taktgeber gibt, die uns daran erinnern, dass wir in Zeiten, in denen uns das Wasser bis zum Hals steht, den Kopf nicht sinken lassen dürfen.
Dieser Text erschien am 4. April 2020 in der NRZ
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