Mutter ist nicht wählerisch. Denn sie hat den Krieg er- und überlebt. Deshalb ist sie hart im Nehmen. Aber wenn sie, wie jetzt, wählen soll, schaut sie genau hin, und das nicht nur beim Wahlzettel. Auch das Wahllokal begutachtet sie. Wenn man, wie Mutter, nicht nur zur Kriegsgeneration, sondern auch zur Generation Rollator gehört, versteht sich das von selbst. Da zählt jede Hürde und Stufe. Bei der letzten Wahl konnte sie noch in der Wertstadt am Löhberg ihre Kreuze machen. Doch bis zum CBE an der Wallstraße, ist es ihr diesmal das bei genauerem Hinsehen doch eine schräge Anhöhe und eine Stufe zu viel, um ihr Wahlrecht wahrzunehmen. Also doch vorgezogene Briefwahl im Rathausraum C 113. Der Weg war für Mutter verdammt lang. Aber mit Hilfe von zwei Aufzügen am Ende doch barriereärmer.
Jetzt hofft Mutter, dass sie den Muttertag, der auch Wahltag ist ohne größere Hindernisse und auch mit Aussicht auf ein gutes Wahlergebnis genießen kann, ohne rot sehen zu müssen oder sich schwarz ärgern zu müssen.
Denn nicht nur am Wahltag gilt: Wenn Mutter erst mal rot sieht oder sich schwarz ärgert, geht sie auf die Barrikaden, Rollator hin oder her.
Dieser Text erschien am 10. Mai 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Kultur macht stark
Ist Kultur Luxus oder ein Lebensmittel, wie es einst Bundespräsident Johannes Rau formuliert hat? Letzteres haben jetzt die jahrgangsüberg...
-
Der 30. und 31. Januar ist in meinem Kalender rot angestrichen", erzählt Familienforscherin Bärbel Essers. Dass das so ist, hat mit der...
-
„Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt.” Auch dieses Volkslied dürfte die Schildberger Sing- und Spielschar ...
-
Gisela Lentz im Kreise ihrer Gratulanten Gisela Lentz ist ein Fleisch gewordenes Wunder. Auch mit 90 mag sie nicht auf der Couch sitzen...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen