Samstag, 6. Februar 2016

Die Narren sind zurück im Rathaus: Eindrücke vom Mülheimer Möhnensturm

Stadtprinzessin Julia I. (Steck)
11.11. Uhr. Weiberfastnacht und es regnet. Wie schön das der Rathaussturm, der in den letzten Jahren auf dem Synagogenplatz gefeiert wurde, an seinen angestammten Platz zurückgekehrt ist. Ein erstes Signal des neuen Oberbürgermeister Ulrich Scholten, dass bei den Närrinnen und Narren gut ankommt.

Draußen schießt die Karnevalsgesellschaft Wagaschei mit ihrer Konfettikanone, während das närrische Weibsvolk und seine männliche Begleitung, das Rathausfoyer stürmen. Während die Stadtprinzessinnen Julia und Chiara mit musikalischer Verstärkung durch die KG Düse ins Amtszimmer des Oberbürgermeisters stürmen, schunkeln und singen sich im Foyer des Standesamtes gut 100 Jecken warm. Stimmungskanone Thomas Straßmann gibt den Ton an: „So ein Tag, so wunderschön wie heute!“ Prinz Markus (mit Zöpfen) und Hofmarschall Hermann-Josef Hüßelbeck (mit wilder Perücke) haben nicht viel zu sagen. Sie dienen als Staffage für die Damen. „Ihr könnt euren Männern sagen, dass sie schon mal zuhause putzen sollen. Wir kommen heute später“, macht Kinderprinzessin Chiara eine klare Ansage.

Und schon wird Oberbürgermeister Ulrich Scholten, mit Krawatte und Narrenkappe dezent verkleidet, von Stadtprinzessin Julia vorgeführt. „Wir wollen euch mal den neuen OB vorstellen. Das ist ja jetzt nicht mehr die Frau Mühlenfeld“ unterstreichen die Ex-Prinzessinnen Maren Lucas, Lisa Arnold und Elke Fischer, die mit Charme und Zylinder durch das Programm führen, das Offensichtliche. Offensichtlich ist, dass Scholten, anders, als seine Vorgängerin, die auch schon mal als Piratin zum Möhnensturm antrat, sich lieber defensiv verkleidet.

Dafür hat er einen unschlagbaren Vorteil, eine Krawatte. Denn in den zwölf Amtsjahren der Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld, musste stets ihr Bürgermeister-Kollege Markus Püll als Alibi-Krawatten-Mann. Jetzt lässt der Chef sich nicht selbst auf den Schlips treten, ihn aber aberschneiden. Seine Krawatte hat nur eine sehr kurze Lebenserwartung und auch die Stadtschlüssel ist er bald los, nachdem er in einem sehr einseitigen Wettangeln mit Stadtprinz Markus das Nachsehen hat.

Sein Kommentar zum Regierungswechsel im Rathaus: „Das ist nicht fair. Gerade erst vor 100 Tagen hab’ ich das Oberbürgermeister-Amt bekommen, da werden mir die Stadtschlüssel schon wieder abgenommen. Prinz Ulrich I. wollt’ ich sein. Doch es ist anders gekommen. Ihr habt den Machtkampf gewonnen. Und solltet ihr mal Hilfe brauchen, weil euch beim Regieren die Köpfe rauchen, fragt euren Hofmarschall Hermann- Josef Hüßelbeck. Der weiß als Bezirksbürgermeister hier gut Bescheid.“

Doch die von Elli Schott und Stadtprinzessin Julia angeführten Möhnen sorgten gleich dafür, dass der OB auch an den Tollen Tagen nicht arbeitslos wird und beförderten ihn zum Zugleiter eines rathausinternen Narrenzuges. Der soll die Mitarbeiter der Stadtverwaltung bis Veilchen-Dienstag in Bewegung setzen und so die Energiekosten im Rathaus senken. So vergnüglich kann es sein, wenn der öffentliche Dienst auf Trapp kommt.

So gesehen: Das schöne und starke Geschlecht


Welcher Politiker lässt sich schon gerne sein Amt abnehmen. Aber Oberbürgermeister Ulrich Scholten, seines Zeichens auch Ehrensenator der KG Röhrengarde, nahm seinen Amtsverlust gestern offensichtlich mit Humor. Kein Wunder. Denn die beiden Stadtprinzessinnen bedankten sich bei ihm für den Verlust seiner Krawatte und der Stadtschlüssel mit einem Stereo-Bützchen. Oberbürgermeister müsste man sein. Das ist eben die Stärke der Frauen, dass sie als Menschen der Tat uns Männer so um den Finger wickeln können, dass die Erfüllung ihrer Wünsche uns als die Erfüllung unserer eigenen Wünsche erscheint und das nicht nur an Weiberfastnacht. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Dieser Text erschien am 5. Februar 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung

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