Dienstag, 21. Juli 2015

Ein neuer Mann für die Seelsorge: Christoph Pfeiffer

Pfarrer Christoph Pfeiffer

Neue Männer braucht die Kirche. Einer von ihnen ist Christoph Pfeiffer. Der evangelische Pfarrer aus Wuppertal schließt die Lücken, die das Ehepaar Jantzen in der Kirchengemeinde Broich-Saarn und Heike Rödder in der evangelischen Krankenhausseelsorge hinterlassen haben. „Das ist ja hier wie im Urlaub“, beschreibt der 50-Jährige seinen ersten Eindruck von Mülheim. Spaziergänge durch die Müga und an der Ruhr entlang haben ihn von Anfang an für die Stadt eingenommen, die nicht nur sein neuer Arbeitsplatz, sondern auch sein Wohnort und Lebensmittelpunkt werden soll. Der Wuppertaler steckt mitten im Umzug. „Das ist der absolute Horror“, gibt er zu und lächelt spitzbübisch. Das passt zu dem Gottesmann, der den Anspruch hat, ein fröhlicher Christenmensch zu sein und die Frohe Botschaft beim Wort zu nehmen. „Ich fühle mich von Gott gerufen, getragen und angenommen“, beschreibt er sein Credo.

Diese frohe Botschaft, die ihn stärkt, möchte er „auch anderen Menschen vermitteln.“ Dabei denkt er nicht nur an die Mitglieder seiner neuen Kirchengemeinde, denen er schon jetzt „eine vergleichsweise starke Bindung und Identifikation mit ihrem Glauben, ihrer Kirche, ihrer Gemeinde und ihren Pfarrern“ bescheinigt.

Doch spätestens, wenn er als Seelsorger im Evangelischen Krankenhaus von einem Zimmer zum anderen und von einer Station zur nächsten geht, um kranken und sterbenden Menschen beizustehen, spürt er, wie viele Menschen sich im Laufe ihres Lebens von der Kirche entfremdet haben. Dabei erlebt er immer wieder, wie sich aus einem ersten Smalltalk am Krankenbett ein tiefgründiges Gespräch über das Woher und Wohin des Lebens entwickelt. „Ich versuche den Menschen, mit denen ich spreche, deutlich zu machen, dass wir als Menschen nicht perfekt sind und auch nicht perfekt sein müssen und das unser Leben vom Anfang bis zu seinem Ende eine Baustelle ist.“ In diesem Sinne sieht der Pfarrer alle Menschen von Gott angenommen und zur Freiheit berufen, der oder die zu werden, die sie sind.“

Doch auch der fröhliche Gottesmann stößt mit seinem Gottvertrauen manchmal an Grenzen, wenn er etwa am Sterbebett eines 50-jährigen Familienvaters sitzt. Dann macht er immer wieder die Erfahrung, „dass Zeit haben, Zuhören und Schweigen die Hälfte unseres Berufes sind.“ Oft tröstet auch das gemeinsame Singen eines Liedes, wie: „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag“ oder: „Herr, befiehl du deine Wege“ mehr als das gesprochene Wort.

Apropos Singen: Die Kulturarbeit im Evangelischen Krankenhaus begeistertPfeiffer. Und weil der Mann eine wohlklingende Tenorstimme hat, hat ihn die Kantorin des Krankenhauses, Petra Stahringer bereits in ihren Chor geholt. „Hier sieht man Talente und weiß sie auch zu nutzen“, freut sich der Theologe, der gerne liest und läuft.

Und was muss seine Kirche machen, damit ihr ihre Schäfchen nicht weglaufen?Pfeiffer sagt: „Wir dürfen uns als Pfarrer nicht nur ins Büro setzen oder darauf warten, dass die Leute in die Gottesdienste kommen. Wir müssen alle Barrieren abbauen und raus gehen, wo die Menschen sind. Hausbesuche, Schulgottesdienste, den Religionsunterricht, die Konfirmation, Taufen, Trauungen, Trauerfeiern und die damit verbundenen Seelsorgegespräche sieht er als zentrale Kontakt- und Anknüpfungspunkte.

Und wir müssen eine Sprache sprechen, die auch außerhalb der Kerngemeinden verstanden wird.“ Deshalb ist der Geistliche auch ins soziale Netzwerk Facebook eingetaucht, um für Jugendliche ansprechbar zu sein, die vielleicht den Rat eines Pfarrers suchen. Und tatsächlich erreichte ihn jüngst die Anfrage eines Jugendlichen, der ihn fragte, ob er seine sterbende Mutter besuchen könne. Pfeiffer ist hingegangen.


Christoph Pfeiffer wurde 1964 in Wuppertal geboren. Dort hat er zuletzt auch als Pfarrer gearbeitet. Der studierte Theologe und Soziologe war bisher nicht nur als Pfarrer und Krankenhausseelsorger, sondern auch als evangelischer Religionslehrer an einer katholischen Schule tätig. Neben Wuppertal gehörten auch Dormagen und Duisburg, wo er unter anderem mit Obdachlosen arbeitete, zu den Stationen seines bisherigen Berufslebens.

Dieser Text erschien am 17. Juli 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung


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