Vor einem halben Jahr hatte der Kommunalpolitiker, Karnevalist, Familienvater und Sozialpädagoge, der in leitender Funktion bei der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung arbeitet, das Gefühl, es sei Zeit, etwas zu ändern. „Ich fühlte mich gehetzt und überlastet“, erinnert sich der 41-Jährige. Er suchte Hilfe und fand sie bei einem Coach. Einen Coach (Trainer) kannte man früher nur aus dem Sport. Doch heute suchen immer mehr Menschen und Unternehmen die Hilfe eines Coaches, der oder die ihnen hilft, ihre Ziele im Leben zu definieren und zu erreichen. Auch Stadt, Sparkasse und Evangelisches Krankenhaus bestätigen, dass Coaching heute ein wichtiges Instrument der Personalförderung und Personalentwicklung ist.
Regina Zwirner, die als Heilpraktikerin für Psychotherapie, in Raadt lebt und arbeitet, ist so ein Coach, der Menschen berät, die mit ihrer beruflichen oder privaten Lebenssituation unzufrieden sind und nach neuen Lebenszielen suchen. „Im Kern geht es immer um menschliche Beziehungen. Egal, ob das Problem, mit dem Menschen zu mir kommen, im privaten oder im beruflichen Bereich zu suchen ist. Und immer hängt alles mit allem zusammen“, sagt Zwirner.
Mit Passmann ist sich Zwirner darin einig, dass heute immer mehr Menschen Coaching brauchen, „weil unser Leben schneller, freier, chancenreicher, aber damit auch komplizierter geworden“ sei. Als Sinnbild unserer gewandelten Lebenswirklichkeit sehen beide die E-Mail, die unsere Kommunikation und damit die Anforderung, Fragen zu bearbeiten und zu beantworten, erheblich beschleunigt habe.
„Ich bin kein Guru, der den Leuten gute Ratschläge gibt, sondern sie ausreden lässt und ihnen zuhört, um ihre Lebenssituation dann mit meinen Fragen zu spiegeln, etwa mit der Frage: Wie würden Sie sich mit dieser oder jener Entscheidung fühlen und welchen Preis müssten Sie dafür zahlen?“
Wie Zwirners Klienten, suchte auch Passmann, in einer Lebenskrise nicht den Rat von guten Freunden und Verwandten, „weil die mit mir emotional verbunden sind und man dann schnell im eignen Saft schmort oder sich auf bequeme Ausreden zurückzöge, wie: ,Das kann ja kein anderer machen.’“ Auch wenn das, was Passmann in der Beratung erfuhr, für ihn nicht völlig neu war, sah er nach viermal 90 Minuten mit seinem Coach klarer. „Mir hat es sehr geholfen, das ein neutraler Gesprächspartner von außen auf meine Baustellen geschaut hat“, erinnert sich Passmann. Besonders half ihm, dass in der Beratung seine verschiedenen Rollen und die damit verbundenen Erwartungen auf einem Flipchart visualisiert wurden. Auch Zwirner arbeitet gerne mit großen Zetteln, Fragen und auch dem „Instrument des leeren Stuhls“. Dabei geht es darum, die Perspektive zu wechslen und einmal aus seiner Rolle herauszutreten, um sich zum Beispiel in die Rolle des Ehepartners oder des Chefs zu versetzen und damit Denk- und Kommunikationsblockaden zu lösen. „Beim Coaching geht es nicht darum, Ziele zu definieren, die man erreichen soll oder muss. Sondern es geht darum, Ziele zu definieren, die man selbst erreichen will und erreichen kann, weil man sich mit ihnen wirklich gut fühlt.“
Auch Heino Passmann fühlt sich nach dem Coaching wirklich gut, weil er jetzt weiß, „dass ich nicht alles alleine machen muss, sondern auch mal etwas abgeben darf und dass ich nicht immer und überall eingreifen muss, damit sich die Welt weiter dreht.“ Ganz praktisch hat das für Passmann zu der Konsequenz geführt, den Vorsitz des SPD-Ortsvereins Broich aufzugeben und als Präsident der Karnevalsgesellschaft Rote Funken, organisatorische Aufgaben zu delegieren.
So hat er Zeit für seine Familie und sich gewonnen, die er abends jetzt nicht mehr unbedingt bei Sitzungen und Versammlungen oder vor dem Computer verbringt, um Ratsvorlagen oder Schriftverkehr zu bearbeiten. „Ich kann das nur empfehlen“, sagt Passmann in der Rückschau auf sein Coaching, das er als zielführende Lebenshilfe erlebte.
„Damit ist die Arbeit für mich noch nicht vorbei, weiß Heino Passmann, „aber ich fühle mich auf einem guten Weg, auf dem mir mein Leben und mein Engagement wieder mehr Freude machen. Denn ich bin nicht der Mensch, der jeden Tag nach Feierabend zu Hause auf der Couch sitzen und die Füße hochlegen kann.“
Dieser Text erschien am 4. Januar 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung
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