Montag, 16. November 2009

Vom Wandel eines Wahrzeichens: Das Rathaus und seine Baugeschichte


Für stattliche 40 Millionen Euro sanieren und modernisieren Stadt und SWB seit Oktober das Rathaus. 2011 soll alles in neuem/altem Glanz erstrahlen. Da passte es gut in die Zeit, dass die Historikerin Monika von Alemann-Schwartz, der Einladung des Stadtarchivs folgend, im Rahmen der Vortragsreihe zur Mülheimer Geschichte die Baugeschichte des Rathauses beleuchtete. Bedenken und Eingaben gegen ein großes Bauprojekt, das machte Alemann-Schwartz deutlich, gab es auch vor fast 100 Jahren, als sich die frischgebackene Großstadt Mülheim, die soeben die 100 000-Einwohner-Grenze überschritten hatte, ein repräsentatives Rathaus im neoklassizistischen Stil bauen wollte.

Dass es seinerzeit auch Bedenken gegen den Rathaus-Bau gab, war verständlich, wenn man sich die von Alemann-Schwartz präsentierten Ansichten der heutigen Friedrich-Ebert-Straße vor Augen führt. Die zentrale Straße, die vor dem Ersten Weltkrieg noch Notweg hieß und später in Hindenburgstraße umbenannt wurde, machte mit vielen kleinen Geschäftshäusern einen eher kleinstädtischen Eindruck. Damit stand sie im krassen Gegensatz zum ehe monumentalen und massigen Rathausbau. Viele Anwohner fürchteten eine Entwertung ihrer Grundstücke und eine Verdunkelung ihrer Häuser.

Doch die zunehmenden kommunalen Aufgaben und der Wille dem neuen Mülheimer „Bürgerstolz und seiner Leistungsfähigkeit” Ausdruck zu geben, gaben am Ende doch den Auschsschlag für den Abriss des zu klein gewordenen Weuste-Rathauses aus dem Jahr 1842. Obwohl die Stadtspitze um Oberbürgermeister Paul Lembke auch einen Rathausstandort am Viktoriaplatz oder am Kaiserplatz erworgen hatte, entschied man sich am Ende doch für den zentraleren Marktplatz. Allein die Grundstücksankäufe für das Rathaus, das größer werden und einen 60 Meter hohen Turm bekommen sollte, kosteten eine Million Mark. Vor dem Beginn der Bauarbeiten, die noch einmal 2,5 Millionen Mark verschlingen sollten, schrieb die Stadt einen reichsweiten Architektenwettbewerb aus, an dem sich 176 Architekten beteiligten, mit Franz Hagen und Baudezernent Karl Helbing auch zwei aus Mülheim. Gebaut wurde am Ende allerdings der Entwurf der Karlsruher Architekten Artur Pfeiffer und Hans Großmann. Obwohl sie mit ihrem Entwurf Zwei Plätze im Wettbewerb nur auf Platz Drei gelandeten waren, bescheinigten die Stadtväter ihrem Rathaus „wohlüberlegte Umrisse und eine vornehme Wirkung.”

Eine vornehme Wirkung wollten sich auch die Stadtveordneten in ihrem Sitzungssaal gönnen. Nachdem der eigentliche Rathausbau 1915 abgeschlossen war, dauerte die Ausgestaltung des Ratsaales noch einmal ein ganzes Jahr und kostete 500 000 Mark. Die Familien Thyssen und Stinnes-Coupienne stifteten für den Ratsaal, in dem das Stadtparlament erstmals im Dezember 1916 tagte, monumentale Ölgemälde, die die deutschen Kaiser Wilhelm I. und Wilhelm II. sowie den ersten Reichskanzler Otto von Bismarck sowie den preußischen Feldmarschall Helmuth von Moltke zeigten. Symbolik der Geschichte. Die Bilder gingen 1943 in Flamen auf, als das Rathaus von allierten Bomben getroffen wurde und fast völlig ausbrannte. Erst 1956 sollte es samt Ratssaal wiederhergestellt sein. In den 60er Jahren wurde das Rathaus dann noch einmal um einen modernen Gebäuderiegel aus Marmorstein, Stahl und Glas an der Ruhrstraße erweitert, der die Büros des Verwaltungsvorstandes beherbergte und jetzt den Ruhrbania-Bauarbeiten weichen musste.

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