Freitag, 26. Januar 2024

NEUE GEWALT GEGEN FRAUEN

Neue Gewalt gegen Frauen? In einer Gesellschaft, die die Gleichberechtigung der Geschlechter seit 75 Jahren in ihrer Verfassung stehen hat und mehrheitlich aus Frauen besteht, sollte kein Problem mit Gewalt gegen Frauen haben. Dieser Eindruck drängt sich vor allem angesichts zahlreicher Spitzenpolitikerinnen und beruflich erfolgreicher Frauen auf.

Doch der Eindruck täuscht. Die Journalistin Dr. Susanne Kaiser, Autorin der Bücher "Neue Gewalt gegen Frauen" und: "Politische Männlichkeit" macht bei einer Fachtagung zum Thema deutlich, "dass gerade erfolgreiche und sichtbare Frauen auch ein hohes Risiko haben, Opfer von häuslicher Gewalt zu werden."
Sie nennt Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik. Danach ist die Zahl der Gewalttaten gegen Frauen in den vergangenen beiden Jahren zehn Prozent angestiegen, während die Zahl der Frauen, die durch ihre Männer zu Tode gekommen sind von 120 auf 133 angestiegen sei.

Wie kann das sein? Die Ursache erkennt Kaiser in einem sozialen Zwiespalt zwischen gesellschaftlichem Anspruch und gesellschaftlicher Wirklichkeit. Aus Gesprächen mit eiblichen Opfern männlicher Gewalt weiß sie, das Frauen in vermeintlich liberalen Akademikerehen von ihren Männern, trotz ihrer eigenen Berufstätigkeit, mit der klassischen Rollenerwartung konfrontiert werden, ihnen durch die Übernahme der Familien- und Erziehungsarbeit den Rücken freizuhalten. Diese Paradoxie führe in der Realität zu Frustration und im nächsten Schritt zu männlicher Gewalt.

Die Tatsache, dass sich zum Beispiel im Rechtspopulismus und im konservativen Islam Widerstand gegen die Emanziptationsfortschritte der vergangenen Jahrzehnte regt, sieht Kaiser "als ein Zeichen dafür, dass wir mit der Emanzipation auf dem richtigen Weg sind und weiter vorangehen müssen." Die wird Frauen nach Kaisers Einschätzung aber nur mit männlichen Verbündeten gelingen.
Eine emanzipierte Gesellschaft ist für Kaiser "auch im Interesse der Männer, die noch viel häufiger als Frauen von männlicher und struktureller Gewalt in einer neoliberalen kapitalistischen Gesellschaft betroffen sind, die sie krank macht."
Männern und Frauen rät Kaiser gleichermaßen, "sich nicht ins unbezahlte Ehrenamt abdrängen zu lassen, um dort gesellschaftlich wichtige Arbeit zu leisten, die politisch und strukturell unterstützt und deshalb auch bezahlt werden müsse."

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