Samstag, 23. Januar 2016

Kommando Karneval: Oliver Thomas

Oliver Thomas
Hätte Oliver Thomas schon zu Kaisers Zeiten gelebt, hätte er vielleicht Probleme bekommen. Denn der 52-jährige Groß- und Außenhandelskaufmann, der heute im Bereich der Immobilienverwaltung seine Brötchen verdient, ist Kommandeur der Hinkemann-Soldaten. „Wir sind eine achtköpfige Gruppe, die sich als Parodie der Soldaten des Infantrieregimentes 159 versteht. Das Regiment war ab 1899 für zwei Jahrzehnte in Mülheim stationiert“, erzählt Oliver.

Damals waren die Soldaten und ihre Garnisonskaserne an der Kaiserstraße heilig. Dass Männer und Frauen in eine Soldatenuniform schlüpfen, sich mit Holzgewehren bewaffnen und entwaffnend komisch in diverse Säle ein marschieren, um zum Beispiel ihre Hinterteile, passend zum Rhythmus der Musik aneinander zu reiben, wäre zu Kaisers Zeiten unvorstell- bar gewesen. Doch der Kaiser musste bekanntlich abdanken, während Prinz Karneval bis heute fröhlich weiterregieren darf. Humor ist eben unschlagbar. Das findet auch Oliver Thomas, der  vor 15 Jahren seine Tochter zum Tanztraining der KG Mölm Boowenaan fuhr und schon wenig später in die Vorstandsarbeit der 1955 gegründeten Karnevalsgesellschaft verwickelt wurde.

Er war Vorsitzender und Schatzmeister seines Karnevalsvereins ist derzeit sein Geschäftsführer – und Kommandeur der Hinkemann-Soldaten. „Kritiker werfen den karnevalistischen Garden mit Blick auf ihre Uniformen und Orden oft einen Hauch von Militarismus vor, obwohl eben diese uniformierten Garden ursprünglich den preußischen Militarismus auf die Schüppe nahmen. Das war auch schon bei der Mutter aller Garden, den 1823 in Köln gegründeten Roten Funken so“, erklärt Thomas.

Dass der gemeinsame Spaß an der Freude und nicht der Soldatenkult im Vordergrund steht, unterstreichen die Hinkemannsoldaten auch damit, dass sie nicht nur alte Kameraden, sondern auch Kameradinnen in ihre Garde aufnehmen. „Besonders viel Spaß haben die Zuschauer, wenn ich als Kommandeur einen meiner Soldaten zur Ordnung rufen muss, weil er mal wieder zu spät gekommen ist oder Uniform und Perücke nicht richtig sitzen“, weiß Thomas.
Das zieht den bekennenden Bayern-München-Fußballfan auch in den Karneval. „Man ist Teil einer fröhlichen Gemeinschaft und hat ein gemeinsames Ziel, nämlich die Leute für ein paar Stunden aus ihrem oft viel zu ernsten Alltag herauszuholen.“

Das tun die Hinkemannsoldaten der KG Mölm Boowenaan denn auch nicht nur bei der Prinzenproklamation, beim Möhnensturm oder Seniorenkarneval im Haus Gracht und beim Rosenmontagszug. Apropos Rosenmontagszug. Auch als Losverkäufer bei der Rosenmontagstombola im Forum ist sich Oliver Thomas nicht zu schade, damit der Narrenzug am 8. Februar ab 14 Uhr ins Rollen kommen kann. „Jeder, der auf unserem Gesellschaftswagen im Rosenmontagszug mitfährt, investiert rund 120 Euro ins Wurfgut für die Jecken am Straßenrand.“ 

Den Karneval vergleicht er mit einem Garten, in dem viele Blumen blühen und in dem zahlenmäßig nicht so starke Gesellschaften, wie Mölm Boowenaan, ihre Existenzberechtigung haben, weil sie eine ganz eigene närrische Farbe in das bunte Treiben der Fünften Jahreszeit bringen. Allerdings sieht der Geschäftsführer, der fast täglich um Nachwuchs wirbt oder Veranstaltungsauftritte organisiert, „dass der Karneval heute in einer Konkurrenz mit immer mehr Freizeit- und Sportangeboten steht.“

Dieser Text erschien am 20. Januar 2016 in der NRZ und in der WAZ

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