„Heute ist der Bus ja gar nicht so voll!“ oder: „Mensch, die Bahn XY war gestern wieder
nicht pünktlich.“ So wird Dobrila Petrovic immer mal wieder angesprochen, wenn sie
mit Bus oder Bahn unterwegs ist. Das ist nicht verwunderlich. Denn viele Fahrgäste
kennen die 47-jährige Saarnerin aus dem Kundencenter der Mülheimer
Verkehrsgesellschaft am Löhberg.
Denn wer wissen will, mit welchem Bus oder mit welcher Bahn man wohin kommt und
wieviel das kostet, für den ist Petrovic die richtige Frau. Zusammen mit ihren
Kolleginnen Regina Terre und Hannelore Wiegel sorgt sie dafür, dass die Fahrgäste der
MVG ans Ziel kommen.
Schon nach den ersten Gesprächstakten merkt man: Dobril Petrovic strahlt Ruhe und
Freundlichkeit aus. Und das ist auch ihr wichtigstes Kapital.
„Früher habe ich als
Verkäuferin in einem Modehaus gearbeitet. Da waren die Kunden, die zu uns kamen
oft schon in einer positiven Grundstimmung und freuten sich auf ein tolles ShoppingErlebnis“,
erinnert sich Petrovic an ihr erstes Berufsleben im Einzelhandel.
Wenn sie heute im Kundencenter der MVG mit Kunden spricht, kommen die Fahrgäste
nicht immer freundlich auf sie zu.
Kommunikation ist alles
Der Bus oder die Bahn waren mal wieder zu spät. Die Rolltreppe an der U-BahnHaltestelle
funktionierte nicht. Oder jemand fühlt sich von einem
Fahrkartenkontrolleur der MVG ungerecht behandelt. Dass sind die Klassiker, die
Fahrgäste auf die Palme und zu Dobrila Petrovic bringen. „Ruhig bleiben. Zuhören und
die Leute ausreden lassen. Blickkontakt halten. Und vor allem Formulierungen, wie ,Wir
können nicht’....und ,Sie müssen’ sofort vermeiden.“ So beschreibt Petrovic ihre
Krisenkommunikation am Tresen im Kundencenter. Sätze, wie: „Ich kann Sie sehr gut
verstehen“ oder „Mal schauen, wie wir Ihnen in der Sache weiterhelfen können“ haben
sich aus ihrer Sicht als deeskalierend bewährt.
„Ich verstehe die Leute auch wirklich gut. Denn wenn ich eine halbe Stunde in der Kälte
stehe, weil der Bus oder die Bahn nicht kommen, ärgert mich das auch“, sagt die
freundliche Frau aus dem Kundencenter.
Kann sie Verspätungs-Opfer oft durch eine Fahrpreiserstattung besänftigen, wenn
Fahrgäste länger als zehn Minuten über der fahrplanmäßigen Zeit warten und dadurch
vielleicht eine Anschlussverbindung oder einen Termin verpasst haben, so ist die
Sache bei den Schwarzfahrern oft komplizierter. „Die Leute ärgern sich oft gar nicht so
sehr über das Geld, das sie bezahlen müssen, sondern darüber, dass sie vor anderen
in aller Öffentlichkeit als Schwarzfahrer abgestempelt worden sind“, weiß Petrovic aus
Gesprächen mit Schwarzfahrern, die je nach Sachlage nur eine Bearbeitungsgebühr
von 2,50 Euro oder ein Bußgeld von 40 Euro zahlen müssen.
Beim Thema „Schwarzfahren“ erlebt Petrovic ganz unterschiedliche Situationen. Da hat
sie es zum Beispiel mit einer älteren Dame zu tun, die ein Monatsticket hat, das aber
erst ab 9 Uhr gilt, sie aber schon vor 9 Uhr mit ihrem Ticket zum Arzt gefahren ist. Oder
ein junger Mann wundert sich, dass er mit seinem Monatsticket, das nur für Mülheim
gilt, als Schwarzfahrer aufgeschrieben worden ist, weil er mit der 112 zum Centro
gefahren ist und dabei gar nicht gewusst haben will, dass er damit die Stadtgrenzen
überfahren hat.
Oft glätten sich die Wogen, wenn Petrovic und ihre Kolleginnen Schwarzfahrern
anbieten können, ihre Geldbuße in den Kauf eines Monatstickets umzuwandeln.
Echte Dankbarkeit erlebt die zweifache Mutter, die vor 14 Jahren aus dem Einzelhandel
zum örtlichen Nahverkehrsunternehmen wechselte, weil sie hier nicht bis 20 Uhr
arbeiten muss, beim Thema Fahrplanauskunft.
„Manchmal wissen Leute nur grob, wo
sie hinwollen, kennen aber die genaue Haltestelle oder Adresse nicht. Dann
recherchiere ich nicht nur in unserer elektronischen Fahrplanauskunft Efa, sondern
auch im Internet, um sie an das gewünschte Ziel zu bringen. Und wenn es dann
geklappt hat, kommen die Fahrgäste auch schon mal Tage später kurz herein und
sagen: Toll. Das hat geklappt. Ich habe den Weg gut gefunden“, berichtet Petrovic von
ihren kleinen, aber wohltuenden Erfolgserlebnissen.
Besonders berühren sie auch die Gespräche mit älteren Fahrgästen, die ihr zwischen
Fahrkartenkauf und Fahrplanauskunft ihr Herz ausschütten. Sich auch für solche
Lebensgeschichten oft einsamer Menschen im Rahmen ihrer dienstlichen
Möglichkeiten Zeit zu nehmen, ist der Frau von der MVG wichtig.
Dieser Text erschien am 21. März 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung
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