Montag, 26. Juli 2010

Wie Realschüler von der Mellinghofer Straße ihre Kompetenzen für das Berufsleben checken ließen




Auch wenn sie jetzt ihre verdienten Sommerferien genießen, haben einige der Neuntklässler von der Realschule an der Mellinghofer Straße in diesen Wochen einen Termin mit Friedrich Mosch, sozusagen ein Nachspiel. Mosch ist Berufsberater bei der Agentur für Arbeit an der Kaiserstraße.In der letzten Woche des abgelaufenen Schuljahres schaute er im Rahmen einer Berufsorientierungswoche in der Dümptener Realschule vorbei, um die Kompetenzen der Neuntklässler zu testen. Das kam gerade recht. Denn die Neuntklässler müssen sich schon jetzt um ihre Bewerbung kümmern, wenn sie nach ihrem Abschluss in der Klasse 10 einen Ausbildungsplatz bekommen wollen.Doch welcher Beruf ist der Richtige?




„Es ist sehr schwer, sich selbst objektiv einzuschätzen“, findet nicht nur Nathalie Garbe. Ein Online-Kompetenzcheck, den die vom Land NRW und der Wirtschaft getragene Stiftung Partner für Schule entwickelt hat, geben ihr und ihren Mitschülern eine erste Orientierungshilfe. Unter www.komptenzcheck.de absolvieren sie im Computerraum ihrer Schule einen Test, der einem klassischen Einstellungstest nachempfunden ist.Da müssen zum Teil in Sekunden Schnelle mathematische Aufgaben gelöst werden. „Gar nicht so leicht, sich in vier Sekunden für die richtige Lösung zu entscheiden“, meint nicht nur Janina Bölefeld. Auch die anderen Aufgaben, bei denen zum Beispiel der Verlauf einer Zahnradreihe nachvollzogen werden oder im Vergleich von vier gedrehten und dreidimensionalen Buchstabenbildern das Ursprungsbild herausgefunden werden muss, haben es in sich.„Die Schüler sollen zu einer realistischen Selbsteinschätzung ihrer Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit kommen“, erklärt Klassenlehrerin Gritt Freiberg-Scheidt das Testverfahrens, bei dem neben dem mathematischen und räumlichen Denken auch das Textverständnis und soziale Kompetenzen auf den Prüfstand kommen.




„Ich kann gut Kontakte knüpfen“, freut sich Nathalie Garbe nach der Auswertung ihres Tests, in dem sie bestimmte Alltagssituationen spontan und goldrichtig als eher kommunikativ oder informativ eingeschätzt hat. Nathalie möchte gerne im Büro arbeiten. Doch Berufsberater Mosch weist sie beim Auswertungsgespräch darauf hin, dass ihre Testergebnisse auch ein gutes technisches und räumliche Verständnis ausweisen.




In den Einzelgesprächen, die er während der Sommerferien vertiefen will, kämpft Mosch immer wieder gegen „Klischees im Kopf“ und dafür „bei der Berufswahl frei heranzugehen“ und auch Alternativen zum vermeintlich allein selig machenden Traumberuf in den Blick zu nehmen. Und so stellt sich etwas heraus, dass Nathalie schon oft ihrem Vater, einem Elektriker bei der Arbeit zugeschaut und assistiert hat. Vielleicht wäre eine technischer Beruf für sie ja auch ein sinnvoller Weg. Gesprächsstoff für einen persönlichen Beratungstermin in der Agentur für Arbeit.




Was den 60-jährigen Berufsberater überrascht, ist die Tatsache, dass er in Beratungsgesprächen immer noch und immer wieder auf geschlechtsspezifische Klischeevorstellungen trifft. „Viele Eltern können sich ihre Tochter eher als Bürokauffrau denn als Elektrikerin vorstellen.“ Gerne bittet Mosch deshalb auch die Eltern zu den Beratungsgesprächen in der Agentur dazu, um genau abzugleichen, wie sie ihre Kinder sehen und wie diese wiederum sich selbst und ihre Fähigkeiten einschätzen.Viel Aufklärungsarbeit muss Mosch auch leisten, wenn es darum geht, dass immer noch sehr traditionell begrenzte Spektrum der zur Auswahl stehenden Berufsbilder zu weiten. „Wenn jemand zum Beispiel gut mi Zahlen umgehen kann, muss er nicht automatisch Bankkauffrau oder Bankkaufmann werden, sondern kann auch im als Lagerfachkraft im Bereich Logistik Karriere machen“, betont Mosch. Aus der Berufsorientierungswoche an der Realschule Mellinghofer Straße hat der Berufsberater den Eindruck mitgenommen, „dass die Realschüler nicht schlechter als früher sind und mit ihrer praxisorientierten Schulausbildung eine guteBeufsperspektive haben“ Längst spürt Mosch bei den jungen Leute eine Trendwende, hin zu der Erkenntnis, dass Abitur und Studium auf dem heutigen Arbeitsmarkt kein Allheilmittel und kein Königsweg mehr sind.




Dieser Text erschien am 22. Juli 2010 in NRZ und WAZ

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