Donnerstag, 23. Juli 2009

Fehlanzeige oder: Die Philosophie der MVG







Wer derzeit mit der U-Bahn unterwegs ist oder an der zentralen Haltestelle vor dem Kaufhof Station macht, sieht schwarz oder ist relativ ratlos. Dies ist man zumindest dann, wenn man die neuen, elektronischen Anzeigetafeln zu Rate ziehen will. Dort sieht man auf der Suche nach aktuellen Fahrplanhinweisen entweder gar nichts oder muss sich mit der Standardauskunft begnügen, doch bitte auf Lautsprecherdurchsagen und die Wagenbeschilderung der einfahrenden Busse und Bahnen zu achten.

An der zentralen Haltestelle hängen die elektronischen Anzeigetafeln bereits seit über einem Jahr. In den U-Bahnstationen hatte man im Dezember 2008 damit begonnen, die alten Tafeln und Uhren abzumontieren und schrittweise durch neue, elektronische Uhren und Anzeigetafeln zu ersetzen.

Die gesamte Umrüstungsaktion hat nach Auskunft der Mülheimer Verkehrsgesellschaft rund eine Million Euro gekostet. Doch die neuen, elektronischen Anzeigetafeln müssen derzeit noch an ein Rechnernetzwerk angeschlossen werden, das aus einem Zentralrechner und den jeweiligen Haltestellenrechnern besteht. Was die entsprechenden Computerprogramme leisten müssen, kann man sich vorstellen, wenn man weiß, dass an jeder Haltestelle stündlich die Fahrplandaten von jeweils 60 Fahrzeugen gespeichert und bearbeitet werden müssen, die die Haltestelle in beide Richtungen passieren.

Bei der Mülheimer Verkehrsgesellschaft geht man davon aus, dass die neuen, elektronischen Anzeigetafeln ab Ende August funktionsfähig sein werden.
Zunächst sollen die Tafeln nur den aktuellen Fahrplan anzeigen. Im Laufe des Monats September kommt dann noch ein weiterer Infoservice hinzu: Dann werden auch die jeweils aktuellen Wartezeiten angezeigt.

So gesehen

Früher fragte man sich schon mal, woher bekomme ich eine Information? Im multimedialen Informationszeitalter ist das ganz anders. Wer heutzutage sein Ziel nicht aus den Augen verlieren will, muss sich auch schon mal eine Oase suchen, in der man der Dauerberieselung durch akustische und optische Informationen via Internet, Fernsehen, Radio, Zeitung und Co. entrinnen kann.

Eine solche Oase fand ich jetzt in der U-Bahnstation Stadtmitte. Dort schaute ich auf eine elektronische Infotafel, die mich eigentlich darauf hinweisen sollte, wann meine Bahn kommt. Doch zu sehen waren nur zwei leuchtenden Ausrufezeichen in der oberen linken Ecke. Schon wollte ich mich ärgern, da fiel mir ein Satz des Dichters Jean Paul ein: "Ein Ziel muss man eher kennen, als die Bahn."

Welch Weitblick von einem Mann, der von 1763 bis 1825 gelebt hat und deshalb auf seiner Lebensreise weder mit Bus noch Bahn fahren konnte. Über elektronische Fahrgastinformationen im Untergrund hätte er wohl nur den Kopf schütteln können und sich lieber auf seinen eigenen inneren Kompass verlassen.

Wer weiß, vielleicht sind bei der Mülheimer Verkehrsgesellschaft ja nicht nur Techniker, sondern auch Philosophen am Werk, die uns auf so abgefahrene Weise deutlich machen wollen, dass man sein Ziel nicht von elektronischen Anzeigetafeln und Uhrwerken abhängig machen sollte, sondern eher kennen muss als die Bahn.

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