Freitag, 9. August 2024

Ins Werk gesetzt

Helmut Schauenburg arbeitet an der Restauration eines alten Hallenfensters. Schon vor 70 Jahren hat er hier in der Alten Dreherei des Eisenbahnausbesserungswerkes Speldorf gearbeitet. Damals war er 14 und hatte gerade mit seiner Schlosserlehre begonnen. "Mir hat die Arbeit Freude gemacht und ich bin immer gut zurecht gekommen", sagt Schauenburg.

Er ist kein Mann der großen Worte. Er ist ein Mann der Tat. Auch mit 84 kommt er, immer wieder dienstags, mit seinem Rollator in die Alte Werkshalle, die als Alte Dreherei inzwischen mehreren Vereinen als Quartier dient.

"Wir werden immer wieder gefragt, was war hier früher. Und deshalb habe ich es aufgeschrieben", erklärt der Vorsitzende des Trägervereins der Alten Dreherei, Martin Menke. "150 Jahre Eisenbahnausbesserungswerk Speldorf" lautet der Titel seines 150 Seiten starken Fakten- und Bild-reichen Buches, das jetzt bei Suton erschienen und für 29,99 € im Buchhandel erhältlich ist. 150 Jahre Eisenbahn Ausbesserungswerk Speldorf. Dieser Titel macht für Menke Sinn, obwohl das Eisenbahnausbesserungswerk Speldorf 1959 stillgelegt wurde. "Hier haben damals mehr 2000 Menschen gearbeitet. Das Werk war bis zum Schluss hoch rentabel.  Es wurde aber der Zonenrandförderung und dem Erhalt des Eisenbahnausbesserungswerkes Braunschweig geopfert, weil man damals der Meinung war, dass es im Ruhrgebiet genug andere Arbeitsplätze gäbe. Tatsächlich haben nach der Schließung alle Mitarbeiter des Eisenbahnausbesserungswerkes einen anderen Job in der Industrie gefunden", weiß Autor Menke aus seinem Recherchen zu berichten.

Heute legen Menke und seine Mitstreiter ehrenamtlich Hand an, um die Alte Dreherei als Veranstaltungs- und Werkraum in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Die Hühner- und Kaninchenzüchter sind hier heute ebenso zu Hause, wie die Eisenbahnfreunde und die Opel-Kadett-Fans. Ein Opel Kadett, mit dem die Speldorfer Schokoladenfabrik Wissoll 1950 ihre süße Fracht auslieferte, zeigt hier ebenso die Richtung an, in die es geht, wie ein Straßenbahnwagen aus dem Baujahr 1927. Hier hat man offensichtlich keine Angst vor Handwerklicher Arbeit und krempelt, immer wieder dienstags und samstags, gemeinsam die Ärmel hoch.

"Solche und ähnliche Gebäude aus unserer Industriegeschichte sollte man schon deshalb erhalten, weil hier Gemeinschaft entsteht, die es so in Hochhäusern nicht geben kann", findet Helmut Schauenburg.

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