"Komm uns bloß nicht mit einem Protestanten nach Hause!“ Diesen Satz musste sich meine katholische Großmutter noch von ihren Eltern anhören. Dabei hatte sie zunächst einen evangelischen Freund, den sie gerne geheiratet hätte. Doch zu ihrer Zeit war Ökumene ein Fremdwort.
Deshalb hätte Großmutter sicher gestaunt, wenn sie bei der Verabschiedung des evangelischen Superintendenten Helmut Hitzbleck seinen katholischen Amtsbruder, Stadtdechant Michael Janßen, als einen der Laudatoren erlebt hätte, der sich nicht nur freundschaftlich über den scheidenden Chef der evangelischen Stadtkirche, sondern auch lobend über die ökumenischen Fortschritte äußerte.
Vielleicht hätte sich Großmutter dann über die Ungnade ihrer frühen Geburt beklagt. Doch wenn sie dann Janßens Appell gehört hätte, dass es 54 Jahre nach dem Wunsch des Konzils-Papstes Johannes XXIII. „Alle Christen sollen eins werden“ im 500. Reformationsjahr 2017 doch Zeit für weitere ökumenische Fortschritte sei, hätte sie eingesehen: Es bleibt dabei, wenn es um Posten, Positionen und Portemonnaies geht, bleibt der Fortschritt eine Schnecke.
Dieser Text erschien am 1. April 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung
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