Donnerstag, 19. Dezember 2013

Rückblick: Er war Amerikas unerfüllte Hoffung: Vor 50 Jahren wurde mit John F. Kennedy der erste katholische Präsident der USA ermordet

Er ist der erste und bisher einzige Katholik, der zum Präsidenten der USA gewählt worden ist. "Ich glaube an ein Amerika mit einer absoluten Trennung von Kirche und Staat. Ich glaube an ein Amerika, das offiziell weder katholisch, protestantisch noch jüdisch ist Schließlich glaube ich an ein Amerika, in der religiöse Intoleranz eines Tages beendet wird," sagt er vor seiner Wahl im Jahr 1960 bei einer Pastorenkonferenz im texanischen Houston. Drei Jahre später endet seine Präsidentschaft nach nur 1036 Tagen am 22. November 1963 mit den Schüssen des mutmaßlichen Attentäters Lee Harvey Oswald im texanischen Dallas.

Ob der 1939 in New Orleans geborene Marxist und Castro-Unterstützer Oswald, der zwischenzeitlich in der Sowjetunion gelebt hat, ein Einzeltäter war, wie es die von Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson eingesetzte Untersuchungskommission in ihrem 1964 veröffentlichten Bericht festgestellt hat, ist bis heute umstritten. Auch spätere Untersuchungen des Staatsanwaltes Jim Garrison, der 1967 mit einer Anklage gegen den Geschäftsmann Clay Shaw versucht, eine rechtsradikale und vom CIA unterstützte Verschwörung aufzudecken und Untersuchungen des US-Kongresses bringen keine letzte Gewissheit.

Kennedys Vizepräsident und Nachfolger Johnson geht damals selbst von einem Mordkomplott aus. Zu einem Berater sagt er: „Kennedy hat versucht Castro zu erwischen, aber Castro hat ihn vorher erwischt.“ Tatsächlich gab es unter der Kennedy-Administration Versuche, den kommunistischen Führer Kubas durch ein Attentat aus dem Weg zu räumen. Nach der im April 1961 gescheiterten US-Invasion in der Schweinebucht und der Kuba-Krise, die Castro und sein sowjetischer Schirmherr Nikita Chruschtschow im Herbst 1962 durch die Stationierung sowjetischer Raketen ausgelöst hatten, war Castro in den Augen der Kennedys einer der gefährlichsten Gegner, die Amerikas Sicherheit im Kalten Krieg bedrohten.

Auch die Mafia und der KGB wurden nach dem Präsidentenmord in Dallas als Urheber verdächtigt. Doch Johnson wollte keine politischen Komlikationen und drängte auf ein Ergebnis, das die Einzeltäterthese bestätigte. Dem Vorsitzenden der von ihm eingesetzten Untersuchungskommission, Earl Warren, sagt Präsident Johnson damals: „Es gibt diese wilden Leute, die behaupten, Chruschtschow hat Kennedy getötet. Castro hat Kennedy getötet. Alle möglichen Leute haben Kennedy getötet. Diese Gerüchte könnten einen Weltkrieg auslösen. Sie sollen zum Verstummen gebracht werden.“ Radio Moskau vergleicht das Kennedy-Attentat zwei Tage nach dem Präsidentenmord mit dem Reichstagsbrand vom Februar 1933 und spricht nibulös von einer kriminellen Verschwörung von finsteren Kräften der Reaktion, die daran interessiert seien, die begonnene Entspannungspolitik zu torpedieren.

Bittere Ironie der Geschichte: Earl Warren, der jetzt mit seinen Kommissionskollegen, zu denen auch der spätere US-Präsident Gerald Ford gehörte, ist der Bundesrichter, der John F. Kennedy am 20. Januar 1961 als 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt hatte.

Was die Arbeit der von ihm geleiteten Kommission erschwert, ist die Tatsache, dass der Attentäter Oswald nur zwei Tage nach den Schüssen auf Kennedy selbst von dem Nachtclubbesitzer Jack Ruby erschossen wird. Seine Tat begründete Ruby mit dem Wunsch, der Präsidenten-Witwe Jacqueline Kennedy die Tortour einer Aussage in einem Prozess gegen den Attentäter Oswald ersparen zu wollen. Er selbst wird für seine Mordtat zum Tode verurteilt, stirbt aber 1967 in der Haft an den Folgen einer Lungenkrebserkrankung.

Jacqueline Kennedy, die der  Präsidentschaft ihres Mannes mit zahlreichen hochkarätigen Veranstaltungen im Weißen Haus kulturellen Glanz verliehen hat und bis zu ihrer Heirat mit dem griechischen Reeder und Milliardär Aristoteles Onasis im Jahr 1968 von ihren Landsleuten als „Amerikas ungehkrönte Königin“ verehrt wird, sagt vor der Warren-Kommission: „Bei der Fahrt im offenen Wagen, wissen Sie, da winkte er meistens nach rechts und ich nach links. Also ich sah nach links und hörte diese schrecklichen Geräusche, Sie wissen schon.“

Als Jacqueline Kennedy bei der Fahrt durch Dallas am 22. November „diese schrecklichen Geräusche“ hört, ist es etwa 12.30 Uhr Ortszeit. Kurz zuvor hat die Frau des texanischen Gouverneurs, John Comally, Nellie, die mit ihrem Mann vor dem Präsidentenpaar im offenen Wagen sitzt, dem Präsidenten angesichts der jubelnden Menschen am Straßenrand gesagt: „Sie können nicht sagen, dass man Sie in Dallas nicht liebt.“ Und er hatte ihr geantwortet: „In der Tat. Das kann man nicht sagen.“ Danach fallen die tödlichen Schüsse, die John F. Kennedy in den Hals und in den Kopf treffen. Die bisher erfolgreiche Vorwahlkampfreise durch das politisch umkämpfte Texas, wird zum Horrorszenario. „Jack! Sie haben meinen Mann getötet. Ich habe sein Gehirn in meinen Händen“, schreit Jacqueline Kennedy und versucht über den Kofferraum aus der Präsidentlimousine herauszukommen, ehe Sie ein Sicherheitsbeamter des Secret Service in den Wagen zurückdrängt und sie mit seinem eigenen Körper abschirmt.

Die Präsidenten-Kolonne rast ins nahegelegene Parkland Memorial Hospital. Doch die Ärzte können John F. Kennedy nicht mehr retten. Eine halbe Stunde später wird er für tot erklärt. Die amerikanischen Streitkräfte werden in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Eineinhalb Stunden später legt Lyndon B. Johnson an Bord der Präsidentenmaschine Air Force 1, mit der der Sarg des ermordeten Präsidenten nach Washington überführt wird, seinen Amtseid als 36. Präsident der USA ab. Jacqueline Kennedy steht in ihrem blutverschmierten Kostüm neben ihm.

Eine halbe Stunde zuvor ist der von Augenzeugen als Attentäter identifizierte Oswald, der auf seiner Flucht einen Polizisten erschossen hat, in einem Kino verhaftet und in das Polizeigefängnis von Dallas gebracht worden. Doch die Filmaufnahmen, die der Amateurkameramann Abraham Zapruder vom Attentat auf John F. Kennedy gemacht und später für 150.000 Dollar an das Life-Magazin verkauft hat, hinterlassen den Eindruck, dass der Präsident nicht nur von hinten in den Hals, sondern auch von vorne in den Kopf getroffen worden ist, was die Einzeltäterthese in Frage stellen würde. 25.000 der 150.000 Dollar, die Zapruder für seinen Film vom Life-Magazin bekommt, spendete er der Witwe des von Oswald erschossenen Polizisten J.D. Tippit.

Dieser Text erschien am 21. November 2013 in der katholischen Tageszeitung Die Tagespost

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