Freitag, 10. März 2017

Tage, wie Kamillentee

Ein schöner Tag. Komm, Welt lass dich umarmen. Mit dieser Liedzeile und einer attraktiven Frau, die mindestens so geschmackvoll aussieht wie das Bier, das sie in der Hand hält, wirbt ein großer Bierhersteller für seinen Gerstensaft.

Der Appell an das Unterbewusstsein ist eindeutig. Nach einem gelungenen Tag belohnt man sich mit einem leckeren Bier, und wenn man Glück hat, kann man es vielleicht auch mit einer Frau genießen. Was mich beim Betrachten dieser Werbung stutzig macht, ist die Tatsache, dass die junge Frau, die den Gerstensaft in vollen Zügen genießt, auch nicht den leichtesten Ansatz eines Bierbauches hat. Wahrscheinlich geht es der Frau wie mir. Tage, an denen man die Welt umarmen und darauf ein Bier trinken möchte, haben eher Seltenheitswert.

Tage, an denen man sich von der Welt in den Hintern getreten fühlt, weil man sich die Hacken abläuft und trotzdem immer die rote Laterne in der Hand hat, weil einem der Bus vor der Nase wegfährt und man zu spät zu einem Termin kommt oder ein Termin platzt oder der Fahrkartenkontrolleur der Mülheimer Verkehrsgesellschaft ausgerechnet kommt, wenn man seine Monatsfahrkarte zu Hause vergessen hat, kommen leider öfter vor als einem lieb sein kann. Da hilft dann wohl nur: Tee trinken und abwarten, bis wieder ein neuer Tag und mit ihm eine Chance auf einen Glücksmoment kommt, auf den man dann, mit welchem Getränk auch immer, anstoßen kann. 


Dieser Text erschien am 10. März 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

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