Der evangelische Theologe hat in den letzten dreieinhalb Jahrzehnten rund 50 jüdische Mülheimer interviewt, die den Holocaust überlebten und später in Israel, USA, Australien, Südafrika und Südamerika eine neue Heimat fanden. Aus dem, was sie ihm bei Begegnungen in Mülheim oder in Israel berichteten, wurde das Fundament einer biografischen Spurensuche, die den Mülheimer Holcaust-Opfern ein Gesicht gibt. Erst diese Pionier- und Grundlagenarbeit machte die späteren Dokumentationen über Jüdisches Leben und die Holocaust-Opfer aus Mülheim möglich.
In Gesprächen mit Mülheimer Holocaust-
Auch nach seiner Zeit in Auswitz musste er eine Odysee durch diverese Lager und die knochenharte Zwangsarbeit an einem Bergstollen im Harz überleben, in dem die Vergeltungswaffe V2 für den „deutschen Endsieg“ hergestellt werden sollte. Erst im April 1945 konnte Cohn nach seiner zwischenzeitlichen Flucht, die er mit Hilfe einer deutschen Bauernfamilie in der Tschechien überlebte, von US-Truppen befreit werden. Anders, als seine 1941 nach Riga deportierte Mutter (der Vater war schon vor dem Krieg gestorben) sollte Alfred Cohn, wie seine nach England geflohene Schwester, den Holocaust überleben. Mit seiner Jugendfreundin Adah, die er 1947 heiratete, konnte er ein neues Leben anfangen. Das führte ihn und seine Frau, die später drei Kindern das Leben schenken sollten, zunächst in die USA und dann nach Israel, wo der erst vor wenigen Jahren verstorbene Alfred Cohn als Fachmann für die Herstellung von Milchprodukten Molkereibetriebe leitete.
Im Rückblick auf seine Gespräche mit den Mülheimer Holocaust-Überlebenden sagt Bennertz: „Ich habe damals begriffen, dass es immer falsch ist Vorurteilen und ideologischen Zerrbildern zu folgen. Stattdessen muss man sich im Leben immer ein eigenes Bild machen, einfach hingehen und hinschauen, um den anderen kennenzulernen und zu verstehen, damit der Hass, der am Ende ins Verderben führt, erst gar keine Chance bekommt.“
1933 hatte die Jüdische Gemeinde Mülheims noch 517 Mitglieder. 270 jüdische Mülheimer sollten bis 1945 dem Holocaust zum Opfer fallen. Rund 150 von ihnen wurden im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau ermordet. Heute zählt die jüdische Gemeinde Mülheim-Duisburg-Oberhausen, die zu mehr als 90 Prozent aus Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion und ihren Nachkommen besteht, rund 2800 Mitglieder.
Dieser Text erschien am 26. Januar 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung
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