Samstag, 28. Februar 2015

"Setzen Sie sich auch heute für unser Christentum ein und zeigen Sie klare Kante. Denn die Frohe Botschaft hat es verdient": Ein Bericht vom Stadtkatholikenempfang 2015


„Wie sollen wir vor Gott und den Menschen bestehen, wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen?“, zitiert Wolfgang Feldmann den seligen Widerstandskämpfer Nikolaus Groß, der vor 70 Jahren von den Nazis ermordet wurde. Und Feldmann fügt hinzu: „Wir werden hoffentlich nie wieder Zeiten erleben, in denen wir, so wie Nikolaus Groß, wirklich unser Leben einsetzen müssen. Aber ich bitte Sie, setzen Sie sich auch heute für unser Christentum ein und zeigen Sie klare Kante. Denn die Frohe Botschaft hat es verdient.“

Der Mann, der das beim Neujahrsempfang der Mülheimer Katholiken vor rund 130 Zuhörern sagt, setzt sich seit fast 40 Jahren für die katholische Kirche und die christliche Botschaft ein. Deshalb verleihen ihm an diesem Sonntag Stadtdechant Michael Janßen und der gastgebende Pfarrer von St. Barbara, Manfred von Schwartzenberg, die Nikolaus-Groß-Medaille. Mit ihr zeichnet die Stadtkirche außergewöhnlich engagierte Kirchenmitglieder aus. Schwartzenberg weiß, was er an seinem Kirchenvorstandskollegen Feldmann hat. Er nennt ihn „einen Mann der anzieht und ausstrahlt.“

Feldmann, der keinen Zweifel daran lässt, dass er seine ehrenamtliche Arbeit für Kirche, Glauben und Gesellschaft nicht ohne die Inspiration und Rückendeckung durch seine Frau Margret hätte leisten können, hat nicht nur als langjähriger Pfarrgemeinderatsvorsitzender in St. Barbara und als Katholikenratsvorsitzender in Mülheim Akzente gesetzt. Auch überregional war er zum Beispiel im Diözesanrat und im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken aktiv.
Bis heute engagiert sich der 63-Jährige im Team der katholischen Ladenkirche und im Kuratorium des Barbaramahls, das jedes Jahr Spenden für die Hospizarbeit sammelt. Darüber hinaus sammelt er regelmäßig Spenden für den Förderverein seiner Heimatgemeinde St. Barbara und gibt dort auch Senioren konkrete Hilfestellungen, leistet hier und da Alltagsassistenz oder fährt Senioren, die nicht mehr mobil sind sonntags zum Gottesdienst.

Rolf Völker, der im vergangenen Herbst sein Nachfolge als Katholikenratsvorsitzender angetreten hat, lässt mit Blick auf die zurückgehenden Kirchenmitgliedszahlen keinen Zweifel daran, dass die katholische Stadtkirche, die heute noch rund 52.000 Mitglieder zählt, künftig mehr so aktive Laien, wie Wolfgang Feldmann braucht, um ihre religiöse und soziale Bedeutung nicht zu verlieren. „Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern müssen die Gestaltung unserer Kirche selbst in die Hand nehmen“, fordert Völker.
Auf der Basis der Haushaltszahlen des Bistums geht er davon aus, dass die drei Pfarrgemeinden Mülheims im Jahr 2030 nur noch die Hälfte der heutigen Kirchensteuereinnahmen von jeweils jährlich 350.000 Euro haben werden. Angesichts der demografischen Entwicklung und der Tatsache, dass sowohl die katholische als auch die evangelische Stadtkirche deutlich mehr Kirchenaustritte und Bestattungen, als Kircheneintritte und Taufen zu verzeichnen hat, fordert Völker mehr Ökumene vor Ort. So wirbt er zum Beispiel für eine ökumenische Ladenkirche, einen ökumenischen Kirchentag und einen ökumenischen Neujahrsempfang. Dass sich auch Mülheimer Katholiken und Protestanten angesichts begrenzter kommunaler Finanzmittel ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren und die Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt 2014 ihr leer stehendes Hildegardishaus als Übergangsunterkunft für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt hat, sieht der neue Katholikenratsvorsitzende als wegweisend.

Armin Laschet als Gast beim Stadtkatholikenempfang

„Wir brauchen in unserer Gesellschaft mehr Achtsamkeit und Wachsamkeit“, sagt Stadtdechant Michael Janßen mit Blick auf die Anschläge von Paris. Beim katholischen Neujahrsempfang im Pfarrsaal von St. Barbara wirbt er angesichts einer nicht nur in Mülheim zunehmend multikulturellen Gesellschaft für „eine schöpferische Pluralität auf dem Boden des Grundgesetzes.“ Er macht deutlich, dass Freiheit und Religionsfreiheit, aber auch Frieden, Toleranz und Offenheit für Zuwanderer, „die bei uns eine gute Zukunft suchen und mitgestalten wollen“ untrennbar zusammengehören. Auch CDU-Landeschef Armin Laschet wirbt als Gastredner des katholischen Neujahrsempfang für ein selbstbewusstes, aber auch weltoffenes Christentum. „Wir müssen die christliche Botschaft nicht nur immer wieder in unsere Zeit übersetzen und selbstbewusst vertreten, sondern auch leben“, sagt Laschet. Dabei weist er auf das Lebensbeispiel von Nikolaus Groß hin. Der habe mit Hilfe von Bildung den sozialen Aufstieg vom Bergmann zum Gewerkschaftsführer und Chefredakteur geschafft. „Kindern, unabhängig von ihrer Herkunft einen sozialen Aufstieg zu ermöglichen“, sieht der Christdemokrat auch künftig als eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Aufgaben an. Dabei glaubt Laschet, dass die Grundwerte des christlichen Menschenbildes, wie die unveräußerliche persönliche Menschenwürde, die Freiheit, aber auch die soziale Eingebundenheit, etwa in die Familie und ihre Generationensolidarität, auch für Menschen außerhalb der christlichen Kirchen konsens- und tragfähig sein können.

 Dieser Text erschien am 31. Januar im Neuen Ruhrwort

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