Sonntag, 27. September 2009

Mülheim, wie es wählte: Eine kleine Bundestagswahlgeschichte


Wenn die Bundestagswahl allein in Mülheim entschieden würde, könnte die SPD und ihr Kanzlerkandidat Frank Walter Steinmeier heute wohl mit einer deutlichen Mehrheit rechnen. Seit 1961 ist der Wahlkreis Mülheim immer wieder von Sozialdemokraten gewonnen worden und das mit deutlichem Abstand zur CDU. Die 2002 vollzogene Wahlkreis-Erweiterung um Borbeck hat die Dominanz der SPD sicher noch verstärkt.

Auch Mülheims ersten Bundestagsabgeordneter, Otto Striebeck, war Sozialdemokrat. Erst Bergmann, dann Journalist und erster Redaktionsleiter der Neuen Ruhr Zeitung, wurde er bei der ersten Bundestagswahl mit 34 Prozent der Stimmen in das Bonner Bundesparlament gewählt. Allerdings lagen SPD unnd CDU bei der ersten Bundestagswahl noch sehr nahe beieinander. So landete der CDU-Kandidat Heinz Langner, damals Geschäftsführer der Inneren Mission, mit 28 Prozent auf Platz 2. Auch der Freidemokrat Wilhelm Dörnhaus (13 Prozent) und der Kommunist Friedrich Müllerstein (10 Prozent) errangen damals achtbare Ergebnisse.

Das lag zum einen daran, dass die politische Landschaft Mülheims damals noch nicht so festgezurrt war und die Mülheimer bei der Bundestagswahl nur eine Stimme hatten. Die Zweitstimme sollte erst bei der zweiten Bundestagswahl 1953 eingeführt werden.

Dass auch Christdemokraten in Mülheim siegen konnten, zeigten die Bundestagswahlen 1953 und 1957. Damals holten die CDU-Kandidaten Gisela Prätorius (1953) und Max Vehar (1957), wenn auch nur mit jewils knappem Vorsprung das Mülheimer Direktmandat. Wahrscheinlich profitierten sie damals vom Wirtschaftswunder und der Popularität des christdemokratischen Bundeskanzlers Konrad Adenauer.

Auch wenn die direkt gewählten Mülheimer Bundestagsabgeordneten von Otto Striebeck (1949-1957 und 1958 bis 1965), Willi Müller (1965-1980), Thomas Schröer (1980-1990), Dieter Schloten (1990-2002) und Anton Schaaf (seit 2002) alle Sozialdemokraten waren, wurde Mülheim im Lage der letzten Jahrzehnte auch immer wieder von Abgeordneten anderer politischer Coleur in Bonn und Berlin vertreten.

So konnte zum Beispiel Helga Wex als Nachrückerin für den 1967 verstorbenen Alt-Kanzler Adenauer in den Bundestag einziehen, dem sie, zeitweise als Vize-Chefin der CDU/CSU-Fraktion und der Bundes-CDU, bis zu ihrem Tode 1986 angehörte. Wex war übrigens auch erste Bundesvorsitzende der Frauen-Union. An ihrer Seite saß auch der Speditionskaufmann Max Vehar, lange Chef der Mülheimer CDU, bis 1976 im Bundestag. Das politische Wex-Erbe als CDU-Bundestagskandidat trat Andreas Schmidt an. Im Winter-Wahlkampf 1986/87 trat der damals 30-jährige Rechtsanwalt ausgerechnet gegen seinen ehemaligen Politiklehrer Thomas Schröer von der SPD an. "Schüler Schmidt will seinem Lehrer etwas vormachen", schrieb damals die Lokalpresse. Doch am Ende hatte doch Sozialdemokrat Schröer die Nase vorn. Schmidt sollte erst bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990 über die Landesliste seiner Partei in den Bundestag einziehen. Dort ist er als Vorsitzender des Rechtsausschusses inzwischen Mülheims dienstältester Abgeordneter.

Neben Sozial- und Christdemokraten gab und gibt es aber auch grüne und liberale Bundestagsabgeordnete aus Mülheim. So konnte 1987 der Mitgründer der Grünen, Wilhelm Knabe und 1998 die FDP-Kreisvorsitzende Ulrike Flach über die Landesliste ins Bundesparlament einziehen.
(Das Foto zeigt mich bei einer Telefonaktion mit den Mülheimer Bundestagsabgeordneten Andreas Schmidt (CDU) links und Dieter Schloten im Bundestagswahlkampf 1994)

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