Kommunalpolitik ist heute in Zeiten knapper Kassen nicht vergnügungssteuerpflichtig. Doch vor 80 Jahren hätte man die Probleme von heute gerne gehabt. Wenige Monate nach dem Kriegsende war Mülheim eine Trümmerstadt, in der gehungert wurde und viele Menschen in den Ruinen und Kellern ihrer zerbombten Häuser überleben mussten.
Die letzte Mülheimer Kommunalwahl lag schon zwölf Jahre zurück und die erste Kommunalwahl der Nachkriegszeit sollte noch mehr als ein Jahr auf sich warten lassen, als zwölf Männer am 3. August 1945 im Trausaal des kriegsbeschädigten Rathauses unter dem Vorsitz des damaligen Oberbürgermeisters Werner Hoosmann als Bürgerausschuss zusammentraten. Sie waren nicht gewählt, sondern als Mitglieder einer beratenden Versammlung von der britischen Militärregierung ernannt. Sie hat im Juni 1945 als Besatzungsmacht in Mülheim die Amerikaner abgelöst. In einer Stadt, in der es schlicht ums Überleben ging, in der gehungert und gefroren, getrauert, improvisiert, organisiert und instandgesetzt wurde, brauchte die britische Stadtkommandantur, die sich in einer Stinnes-Villa an der Bismarckstraße einquartiert hatte, politisch unbelastete und zuverlässige Vertreter der Mülheimer Stadtgesellschaft, die ihre Planungen und Entscheidungen unterstützen und der Bevölkerung vermitteln konnte.
Diese Menschen nach zwölf Jahren Nationalsozialismus in Mülheim zu finden, war gar nicht so einfach. Unter den zwölf Mitgliedern des Bürgerausschusses, die von niemanden um ihre Aufgabe beneidet wurden, waren Persönlichkeiten, wie die künftigen Oberbürgermeister Wilhelm Diederichs und Heinrich Thöne, der erste Mülheimer Lokalchef der Neuen Ruhrzeitung und Bundestagsabgeordnete Otto Striebeck, der erste Kreisvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Heinrich Melzer, sowie die künftigen Stadträte und Bürgermeister Max Kölges und Wilhelm Dörnhaus, die in den folgenden Jahrzehnten des materiellen und moralischen Wiederaufbaus die Mülheimer Kommunalpolitik und damit den Übergang von der NS-Diktatur zur westdeutschen Nachkriegsdemokratie verkörpern und gestalten sollten. Damit setzten sie das ins Werk, was sich die britische Militärregierung 1945 als Reeducation auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Zwei von ihnen, Max Kölges und Heinrich Thöne, sollten Anfang der 1960er Jahre für ihr Lebenswerk im Zeichen des Mülheimer Wiederaufbaus zu Ehrenbürgern der Stadt ernannt werden.
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