Das "Dritte Reich" als Zivilisationsbruch und
die Polizei als Weltanschauungselite (dhpol.de)
Das NS-Unrechtsregime schafft einen Doppelstaat, in dem das
vorhandene zivile Verwaltungssystem mittels Maßnahmen aus verschiedenen
Machtzentren willkürlich unterlaufen wird. Die Grenze zwischen Polizei
und SS wird bewusst zugunsten der SS verwischt, der schließlich alle Gewalt
zufällt.
Militarisierung und "Verreichlichung"
Das 1933 errichtete NS-Herrschaftssystem hat ein Interesse
daran, den überkommenen Verwaltungsaufbau der Polizei gründlich umzudefinieren.
Schlag auf Schlag werden zwei Tendenzen parallel zueinander vorangetrieben:
Einmal die Verreichlichung der Polizei, die am 7. April 1933
mit der Gleichschaltung der Länder eingeleitet und am 1. April 1935 mit der
Übernahme der Landespolizeieinheiten durch das Reich vorläufig abgeschlossen
wird.
Zum anderen die Militarisierung der Polizei, die am 3. Juli
1935 durch die Eingliederung und Überführung der kasernierten
Landespolizeieinheiten in die Wehrmacht offiziell vollzogen wird. Dies bedeutet
für die Schutzpolizei eine erhebliche Schwächung ihrer Sollstärke.
Parteipolitische Einbindung der Polizei
Eine neue Qualität erreichen diese
Vereinheitlichungsbestrebungen Mitte 1936 mit der Berufung Heinrich Himmlers in
das eigens geschaffene Amt des „Reichsführers SS und Chefs der Deutschen
Polizei“. Unter einem Dach werden Ordnungspolizei (Schutzpolizei, Gendarmerie)
und Sicherheitspolizei (Kriminalpolizei, Politische Polizei bzw. Gestapo)
vereint. Das Ziel einer Verschmelzung der Polizei insgesamt mit der SS ist
deutlich erkennbar, was ab 1939 in der Errichtung des
Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) als der alles bestimmenden Polizeibehörde
seinen Ausdruck findet. Dies trifft besonders auf die Polizeiaktivitäten in den
besetzten Gebieten zu.
Polizeiliche Indoktrination
Die Polizeiausbildung und -praxis erfährt eine inhumane
weltanschauliche Verzerrung und die Polizeiorganisation wird zum willfährigen
Instrument der Verbrechen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes.
Die "Entzivilisierung" der deutschen Gesellschaft
Auch Angehörige der Ordnungspolizei sind in Mordaktionen
eingebunden, die im Zuge einer Machtausweitung der Polizei in den eroberten
Gebieten stattfinden; besonders jüngere Jahrgänge dieser Funktionselite setzen
ihre Normallaufbahn in einem der berüchtigten Polizeibataillone fort – z.B. in
dem im Herbst 1940 gebildeten Kölner Ausbildungsbataillon, aus dem das spätere
Polizeibataillon 309 hervorgeht.Eine – neben den Vernichtungslagern und der
Justiz – dritte Ebene, auf der ein staatspolizeiliches Instrument zur
Unterdrückung ausländischer Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener zum Zuge kommt,
ist bislang zu wenig beachtet worden: Das zur – eher „unpolitischen“ –
Überwachung der Arbeiterschaft eingesetzte System der Arbeitserziehungslager.
Auf dieses wuchernde Haftlagersystem greifen – verstärkt während des Krieges –
die Privatwirtschaft, Stadtverwaltungen und staatliche Fürsorgebehörden zurück.
Die „Entzivilisierung“ der deutschen Gesellschaft während
des Dritten Reiches ist das unübersehbare Kennzeichen des Zeitalters der
Diktaturen im 20. Jahrhundert.
Das „Dritte Reich“ in Zwischenkriegszeit und Weltkrieg 1933
– 1945 Das „Dritte Reich“ als Zivilisationsbruch und die Polizei als
Weltanschauungselite Der Aufstieg der Hitler-Bewegung beginnt vor dem
Hintergrund der wirtschaftlichen und politischen Krise der Weimarer Republik.
In der seit 1929 eskalierenden Staatskrise erhalten die extremistischen
Parteien auf der rechten und linken Seite des Parteienspektrums immer mehr
Zulauf. Versuche der konservativ-bürgerlichen Parteien, die
nationalsozialistische Bewegung zu „zähmen“ und für den eigenen Machterhalt zu
instrumentalisieren, schlagen fehl und besiegeln mit der legalen Machtübernahme
Hitlers am 30. Januar 1933 das Schicksal der Weimarer Republik. Schon bald wird
deutlich, dass die formelle Errichtung des Nationalsozialismus im Jahr 1933
einen nie da gewesenen Zivilisationsbruch darstellt. Die Weimarer Verfassung
wird durch die noch im Februar 1933 erlassenen Verordnungen zum Schutz von Volk
und Staat und mit dem Ermächtigungsgesetz vom März 1933 außer Kraft gesetzt,
die wesentlichen demokratischen Freiheiten werden abgeschafft. Der damit
geschaffene Ausnahmezustand bietet die pseudo-rechtliche Legitimation für ein
staatliches Terrorregime ohne Beispiel. Das NS-Unrechtssystem schafft einen
Doppelstaat, in dem das vorhandene zivile Verwaltungssystem mittels Maßnahmen
aus verschiedenen Machtzentren willkürlich unterlaufen wird. Das gesamte
staatliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben wird unter dem Vorwand
der Schaffung einer harmonischen, nationalsozialistisch orientierten
Volksgemeinschaft gleichgeschaltet, das kulturelle Leben vom „undeutschen
Geist“ „befreit“. Wesentliches Merkmal für die Organisationsentwicklung der
Polizei in der Zeit des Nationalsozialismus ist dabei die sogenannte
„Verreichlichung“, die den Prozess der rigorosen Zentralisierung der Polizei
durch die NS-Machthaber beschreibt. Dieser Prozess erfährt mit der Gründung des
Reichssicherheitshauptamtes 1939 seinen vorläufigen Abschluss. Die
Zentralisierung der Polizei soll den direkten Zugriff der Nazi-Partei auf
dieses wichtige innenpolitische Instrument zur Sicherung der eigenen Macht
gewährleisten. Mit den im Frühjahr 1933 erlassenen Verordnungen und Gesetzen,
die bis zum Kriegsende 1945 ihre Gültigkeit behalten, werden wesentliche demokratische
Rechte und Freiheiten abgeschafft und der Polizeiapparat erhält umfassende neue
Eingriffs- und Überwachungsmöglichkeiten. Die Polizei entwickelt sich in dieser
ersten Phase der NSHerrschaft ohne große Probleme oder gar Widerstände zum
willfährigen Instrument des NSTerrorregimes. Gründe und Ursachen für diesen
problemlosen Wechsel von ca. 95% der Weimarer Polizeibeamten in die Nazipolizei
liegen in der personellen aber auch organisatorischen Entwicklung der Weimarer
Polizei begründet. Dem schleichenden Prozess der Entrechtlichung des
öffentlichen Gewaltmonopols (z. B. durch die Praxis der Schutzhaft), entspricht
auf der Organisationsseite die Verwischung der Grenzen zwischen
paramilitärischen Parteiformationen wie SA und SS einerseits und der Polizei
andererseits. Äußere Zeichen dieser „Entstaatlichung“ der Polizei sind in der
Ernennung Himmlers zum „Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei“ (1936)
und in den SS-Angleichungsdienstgraden für Polizei- Offiziere zu sehen. Die
Grenze zwischen „Ordnungspolizei“ und „Sicherheitspolizei“ wird bewusst
verwischt zugunsten der SS, der schließlich alle Gewalt zufällt.
Organisationsintern äußert sich die „Entstaatlichung“ in der inhumanen
weltanschaulichen Verzerrung von Polizeiausbildung und –praxis. Aus- und
Fortbildungssituationen werden von der „Weltanschaulichen Schulung“ dominiert,
in der deutlich gemacht wird, dass im Zweifelsfall die nationalsozialistische
Ideologie absoluten Vorrang vor rechtsstaatlichen Begrenzungen polizeilicher
Tätigkeit hat. Die Bevölkerung unterstützt den alltäglichen Terror der Geheimen
Staatspolizei durch die bereitwillige und vielfache Denunziation ihrer
Mitbürger. Nur so kann sich der Mythos von der Allwissenheit der Gestapo
entwickeln, die damit, unterstützt von der Ordnungspolizei, auf sehr wirksame
Art und Weise die systematische Verfolgung und allzu oft damit auch die
Vernichtung von Regime-Gegnern betreiben kann. Mit Beginn des Zweiten
Weltkrieges fallen die letzten ethischen, rechtsstaatlichen und
menschenrechtlichen Begrenzungen polizeilichen Handelns. Polizei-Bataillone und
Einsatzgruppen beteiligen sich nicht nur an der Organisation des Holocaust in
den von der deutschen Kriegsmaschinerie besetzten Gebieten, sondern sind durch
Massenerschießungen vor allem in Osteuropa direkt am nationalsozialistischen
Völkermord beteiligt. Deutsche Polizeibeamte werden so mitschuldig an den
Verbrechen gegen die Menschlichkeit und an den Kriegsverbrechen, mit der die
deutsche Kriegsmaschinerie bis Mai 1945 weite Teile Europas und Nordafrikas
überzieht
Carsten Dams: Die Polizei in Deutschland
1945-1989/Einleitung, bpb.de
Mit dem Untergang des NS-Staates im Mai 1945 begann in
Deutschland die Phase der "erzwungenen Neuorientierungen". Dies
betraf die unterschiedlichsten gesellschaftlichen und staatlichen Bereiche: die
Polizei bildete hierbei keine Ausnahme. Innerhalb dieser war die Notwendigkeit
zu einem Neubeginn sogar besonders ausgeprägt: Wohl keine andere staatliche
Institution war derartig eng mit dem Nationalsozialismus verknüpft. Den
sichtbarsten Ausdruck fand dies in der Person Heinrich Himmlers: gleichzeitig
"Reichsführer-SS" und "Chef der deutschen Polizei", später
auch Reichsinnenminister.
Die Gestapo, das Synonym für den NS-Polizeistaat, wurde während der Nürnberger
Prozesse zur verbrecherischen Organisation erklärt. Die übrige Polizei
nahm man hiervon aus, obwohl die ebenso wie die uniformierte Polizei an
unzähligen Verbrechen beteiligt gewesen war und hunderttausendfach gemordet
hatte. Dies wurde verschwiegen, vertuscht und verharmlost: Man konnte zu dem
Eindruck gelangen, die Polizei des Dritten Reiches habe nur Kleinverbrecher
verfolgt oder den Verkehr geregelt. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde
dies in der Regel nicht thematisiert; die alltäglichen Probleme einer
Gesellschaft, die in jeglicher Hinsicht aus den Fugen geraten war, standen im
Vordergrund. Viele der Polizeibeamten, die sich während der NS-Zeit schuldig
gemacht hatten, beriefen sich auf einen Befehlsnotstand.
Im Strafrecht gilt die Notstandsvorschrift, nach der
Straffreiheit garantiert ist, wenn Taten unter Druck unausweichlicher Gefahr
für Leib und Leben begangen wurden.
In Prozessen wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen
haben die Angeklagten daher immer wieder vorgebracht, sie hätten nur Befehle
ausgeführt, deren Verweigerung mit dem Tod oder mindestens der Einweisung in
ein Konzentrationslager bedroht gewesen sei. Diese Behauptung eines so
genannten Befehlsnotstandes hat bisher in keinem einzigen Fall der Nachprüfung
standgehalten. Es hat bei Befehlsverweigerung niemals Gefahr für Leib und Leben
bestanden. Kein Soldat oder Polizist, kein Funktionär des NS-Staates, kein
KZ-Wächter wurde gegen seinen eigenen Willen zu verbrecherischen Handlungen
gezwungen.
Auch bei der SS wurden Angehörige von Einheiten, die sich
weigerten, zum Beispiel an völkerrechtswidrigen Erschießungsaktionen
teilzunehmen, allenfalls versetzt, aber niemals zum Tod verurteilt,
standrechtlich oder ohne Urteil erschossen. Die "Zentrale Stelle der
Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen" in Ludwigsburg
hat nach sorgfältiger Prüfung festgestellt, dass den Gerichten kein einziger
Fall vorgelegt wurde, in dem ein "Befehlsnotstand" gegeben war.
Stefan Klemp "Nicht ermittelt", Die
Polizei-Bataillone der Deutschen Wehrmacht, 2. erweiterte und überarbeitete
Auflage, Klartext Verlag, Essen 2011, S.235.
Bei Kriegsbeginn 1939 wurden in Deutschland aus den
verschiedenen Polizei-Hundertschaften und – Ausbildungsabteilungen 21
Polizei-Bataillone mit je rund 500 Mann gebildet. 13 dieser Bataillone wurden
den Wehrmachtsverbänden zugeteilt, die in Polen einmarschierten. Zu ihrer
Aufgabe gehörte es, hinter der Front versprengte polnische Soldaten gefangen zu
nehmen, zurückgelassenes polnisches Kriegsgerät einzusammeln und auch in
anderer Hinsicht für Sicherheit in den rückwärtigen Gebieten zu sorgen. Mitte
1940 war die Zahl der Polizei-Bataillone bereits auf 101 angewachsen, nachdem
die 26.000 jungen Rekruten und viele der einberufenen älteren Reservisten
ebenfalls zu Bataillonseinheiten zusammengefasst worden waren. Die neuen
Bataillone entstanden auf zwei Arten: Zum einen wurden zur Bereitstellung des
erforderlichen Unteroffizierskader Berufspolizisten und bewährte Freiwillige
aus den ersten, 1939 nach Polen verlegten Bataillonen befördert und auf die neu
gebildeten Einheiten verteilt, deren Mannschaften man mit eingezogenen älteren
Reservisten auffüllte. Diese Verbände bezeichnete man als
"Reserve-Polizei-Bataillone". Zum anderen wurden aus den Reihen der
26.000 jungen Freiwilligen, die im Herbst 1939 in die Ordnungspolizei
eingetreten waren, besondere Polizei-Bataillone mit den Nummern 251-256 und
301-325 gebildet. Aus ihnen sollten die neuen Eliteverbände der Ordnungspolizei
hervorgehen.
13 Bataillone wurden in dem besetzten mittleren Teil Polens, dem sogen.
"Generalgouvernement" stationiert; 7 weitere kamen in die
eingegliederten Ostgebiete, d.h. in den von Deutschland annektierten westlichen
Teil Polens. 10 Bataillone stationierte man in den besetzten tschechischen
Ländern Böhmen und Mähren, dem sogen. "Protektorat". Außerdem wurden
6 Bataillone in Norwegen und 4 in den Niederlanden stationiert.
Die deutsche Ordnungspolizei legte am 5. Januar 1941 fest,
dass die Bezeichnung "Polizeibataillon" nur die aus den
Polizei-Ausbildungs-Bataillonen entstandenen Bataillone führen durften. Alle
anderen Bataillone, die überwiegend aus Reserve-Polizisten bestanden, führten
ab diesen Zeitpunkt die Bezeichnung "Reserve-Polizei-Bataillon"
Martin
Hölzl, "Buer und Belzec" in Stefan Goch (Hsg.) "Städtische
Gesellschaft und Polizei" Schriftenreihe des ISG, Beiträge Band 12,
Klartext-Verlag Essen, 2005
Gelsenzentrum,
Portal für Stadt- und Zeitgeschichte in Gelsenkirchen |
Die Polizeibataillone 65 und 316 und der Mord an den Juden
während des zweiten Weltkrieges
Während des zweiten Weltkrieges gehörten hunderte von
Männern aus Gelsenkirchen und benachbarten Städten den Polizeibataillonen 65
und 316 an. Heimatstandort dieser mobilen, jeweils 550 Mann starken Verbände
der Ordnungspolizei war das Polizeipräsidium Recklinghausen, zu dem seit 1928
das Polizeiamt Gelsenkirchen gehörte. Ihre Marschrouten führten diese
Polizeibataillone aus dem nördlichen Ruhrgebiet beispielsweise nach Kaunas in
Litauen, in die weißrussische Stadt Mogilew und nach Horseröd in Dänemark. Damit
sind nur einige der Orte genannt, die auf dem Weg der Batallione quer durch das
deutschbesetzte Europa lagen. Zum Auftrag der Polizeibataillone in Osteuropa
gehörten solche Kommandos, über die es seinerzeit im Kameradenkreis geheißen
hatte:
"1. Zug Löcher schaufeln, 2. Zug 'legt um', 3. Zug
schaufelt zu und pflanzt Bäume"
Gemeint waren Massenerschießungen von jüdischen Familien aus
dem Raum Krakau, durchgeführt von der 3. Kompanie des Reservepolizeibataillons
65 zwischen Sommer und Herbst 1942. Wie die Praxis des Völkermordes aus der
Sicht der Polizisten aussah, zeichnet der folgende Beitrag am Beispiel von zwei
Fallstudien nach. Im Mittelpunkt stehen die Einsätze des Polizeibataillons 316
im Sommer und Herbst 1941 in Weißrussland und die Tätigkeit des
Reservepolizeibataillons 65 im Sommer und Herbst 1942 in Polen. Die Darstellung
basiert zum großen Teil auf Erkenntnissen der nordrhein-westfälischen Justiz,
die in den 1960er Jahren wegen Mordes ermittelte und weit über 600
Batallionsangehörige zu den Vorgängen befragte. Ein Schlußkapitel fragt nach
den Motiven, die zur Teilnahme an den Verbrechen geführt haben könnten.
1. Die Rekrutierung und Aufstellung der Polizeibataillone 65
und 316
Dem Einsatz von Polizeibataillonen während des zweiten
Weltkrieges ging eine Entwicklung voraus, in deren Verlauf sich die Polizei von
der Exekutive eines Rechtsstaates schrittweise zu dem wichtigsten Instrument
eines Verfolgungssystems wandelte. Nicht nur die politische Polizei, die bald
als Geheime Staatspolizei berüchtigt wurde und die ebenfalls zur
Sicherheitspolizei zählende Kriminalpolizei veränderten sich tiefgreifend. Auch
die uniformierte Polizei entwickelte sich zum Vollstreckungsorgan der NS-Diktatur.
Unter der neu eingeführten Bezeichnung Ordnungspolizei wurden die städtische
Schutz- und Gemeindepolizei und die auf dem Land tätige Gendarmerie
zusammengefaßt und 1936 einer Berliner Zentralbehörde, dem Hauptamt
Ordnungspolizei unter Kurt Daluege, unterstellt. Deutliches Zeichen der
Umorganisation war die Ernennung des Reichsführers SS, Heinrich Himmler, zum
Chef der gesamtdeutschen Polizei.
Die Verflechtung von staatlichen Behörden und
Parteiformationen setzte sich innerhalb der Polizeihierarchie weiter fort.
Spitzenpositionen nahmen Nationalsozialisten ein, die in der Regel zugleich
Himmlers Schutzstaffel (SS) angehörten. Strukturell, personell und nicht
zuletzt propagandistisch auf NS-Kurs gebracht, wurde die Ordnungspolizei in die
Vorbereitungen der Mobilmachung für den neuen Weltkrieg einbezogen. Als diese
Planungen vorübergehend zugunsten der Wehrmacht geändert wurden, bedeutete das
eine starke Abgabe von Polizeikräften an die Wehrmacht. Während die Armee nun
binnen kürzester Zeit 56.000 Mann Zuwachs erhielt, musste bei der Polizei
entsprechendes Personal erst wieder aufgestockt werden.
Dazu wurden 91.500 Männer der ungedienten Jahrgänge
1901-1909 in ihrer Freizeit zu einer Hilfspolizei ausgebildet, die offiziell
"verstärkter Polizeischutz" (VPS) hieß und im Kriegsfall die reguläre
Polizei entlasten sollte. Mit Kriegsbeginn erhielten die Angehörigen des
verstärkten Polizeischutzes per Notdienstverordnung ihre Einberufung zum
Polizeidienst als sogenannte Reservepolizisten. Sie bildeten ein wichtiges
Personalreservoir zur Aufstellung der nach ihnen benannten Reservepolizeibataillone,
die ab September 1939 erfolgte. Neben Reservisten kamen in diesen Einheiten
aber auch zahlreiche Berufspolizisten zum Einsatz, die insbesondere die
Führungspositionen übernahmen.
Im Bereich des Polizeipräsidiums Recklinghausen entstand auf
diese Weise das Reservepolizeibataillon 65, dem im Verlauf seines Bestehens
mehr als 300 Gelsenkirchener angehörten. Im Mai 1940 endete für die Reservisten
des Polizeibataillons 65 die Ausbildungszeit mit der Vereidigung. Als die
Polizisten anschließend zu ihrem ersten Einsatz in die besetzten Niederlande
aufbrachen, rückten ihre Kollegen vom Polizeiausbildungsbatallon
Recklinghausen, dem späteren Polizeibataillon 316, gerade in die Kaserne ein. Die
Angehörigen des Polizeiausbildungsbataillions gehörten den Geburtsjahrgängen
1909-1912 an und waren damit durchschnittlich etwas jünger als die
Reservepolizisten.
Sie hatten sich aufgrund einer Werbekampagne in den ersten
Kriegsmonaten zum Polizeidienst gemeldet. Neben einem Interesse am Polizeiberuf
spielten noch weitere Gründe eine Rolle, die Zivilkleidung gegen die grüne
Polizeiuniform einzutauschen. Die meisten der rund dreißig Jahre alten Rekruten
waren verheiratet und hatten eine Familie zu versorgen. Mit der Meldung zur
Polizei verbanden viele die Hoffnung auf ein besseres Einkommen und eine
sichere Existenzgrundlage, besonders diejenigen, die in ihrem bisherigen
Berufsleben schon einmal arbeitslos gewesen waren.
Die Polizei warb mit der Aussicht auf Verbamtung und
bevorzugte Beförderung. Schon beim Eintritt wurden den Polizeirekruten pauschal
vier Dienstjahre angerechnet, was die Attraktivität der staatlichen Offerte
noch steigerte. Dazu kam die überlegung, dass mit Dauer des Krieges ohnehin
eine Einziehung zur Wehrmacht bevorstand. Vor diesem Hintergrund erschien der
Polizeidienst als ungefährlichere Alternative zum regulären Wehrdienst. Im
November 1940 endete für das Polizei-Ausbildungsbataillon Recklinghausen, das
nun offiziell die Bezeichnung Polizeibataillon 316 trug, die militärische
Grundausbildung und es schloss sich eine knappe Einweisung in die ebenfalls
militärisch geprägte Polizei-Theorie und -Praxis an.
Die beiden Bataillone 65 und 316 gliederten sich die längste
Zeit ihres Bestehens in jeweils drei Kompanien. Jede der rund 150 Mann
umfassenden Kompanien setzte sich ihrerseits aus drei bis vier Zügen zusammen,
die nochmals in Gruppen unterteilt waren. Zusammen mit dem Batallionsstab,
einer Nachrichteneinheit und einer eigenen Kraftfahrstaffel erreichte jedes
Batallion die reguläre Einsatzstärke von ungefähr 550 Offizieren, Unterführern
und Mannschaftsgraden.
2. "Alles mögliche ist erschossen worden, ich weiß auch
nicht, was das für Volk war" - Weißrussland im Sommer und Herbst 1941: Der
Einsatz des Polizeibataillons 316
Am 17. Februar 1941 brach das Polizeibaitallon 316 zu seinem
ersten Einsatz nach Tabor im sogenannten Protektorat Böhmen und Mähren auf, um
dort das Polizeibataillon 204 abzulösen. Tabor wie auch Warschau, wohin das
Polizeibataillon im Juni 1941 verlegt worden war, waren nur Zwischenetappen für
den unmittelbar bevorstehenden Kriegseinsatz im Mittelabschnitt der Ostfront.
Mit überschreiten der polnisch-sowjetischen Grenzlinie unterstand das
Polizeibataillon 316 als Teil des Polizeiregiments Mitte nicht mehr der
Weisungsbefugnis des Berliner Hauptamtes Ordnungspolizei, sondern dem regional
zuständigen höheren SS- und Polizeiführer Erich von der Bach-Zelewski. Als
"Himmlers Stellvertreter" im Bereich der Heeresgruppe Mitte konnte
Bach-Zelewski nicht nur das Polizeiregiment Mitte, sondern auch über die
Truppen der Waffen-SS und die Einsatzgruppe B verfügen. Die insgesamt vier in
der Sowjetunion tätigen Einsatzgruppen (A-D), die ihrerseits in kleinere
Einsatzkommandos unterteilt waren, hatten den Auftrag, in den rückwärtigen
Gebieten hinter der Front tatsächliche, bzw. vermeintliche Gegner zu ermorden,
wobei kommunistische Funktionäre und Juden ausdrücklich hervorgehoben waren.
Eine Zusammenarbeit zwischen Einsatzgruppen und
Ordnungspolizei bei diesem als "Weltanschauungs- und
Vernichtungskrieg" konzipierten Feldzug war von Beginn an intendiert. Im
einzelnen war die "Durchführung dieser sicherheitspolizeilichen Aufgaben"
zwischen den Führern der Einsatzgruppen bzw. Einsatzkommandos und Kräften der
Ordnungspolizei abzustimmen. Bach-Zelewski, dem die Koordinierung aller ihm
unterstehenden Kräfte oblag, lieferte sich in den nächsten Wochen und Monaten
einen regelrechten Wettlauf mit seinen weiter nördlich und südlich agierenden
Kollegen um die höchste Mordquote im jeweiligen Zuständigkeitsbereich.
Wenige Tage nachdem die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion
angegriffen hatte, rückten Anfang Juli 1941 die Polizisten aus dem Ruhrgebiet
in die kurz zuvor eroberte Stadt Byalistok ein und bezogen Quartier. Auf einer
Einsatzbesprechung setzte der Kommandeur des Polizeiregiments Mitte, das sich
aus den Polizeibatalionen 307, 316 und 322 zusammensetzte, die Befehlshaber
seiner Einheiten über den bevorstehenden Auftrag in Kenntnis. Demnach hatten
sie in erster Linie für "Aufklärung, Befriedung, Sicherstellung und
Bewachung von Lagern"zu sorgen. Die allgemeine Richtschnur hieß,
"Polen und Russen gelten als Feinde. Es ist hart, entschlossen und
rücksichtslos durchzugreifen."
Bewaffnete Zivilisten waren ebenso wie politische Kommissare
zu erschießen. Bezeichnenderweise ordnete gleich der erste größere Einsatz die
Durchsuchung des jüdischen Viertels an, mit der am 8. Juli 1941 um fünf Uhr
morgens begonnen wurde. Nach nationalsozialistischem Verständnis galten die
Juden, insbesondere Intellektuelle, als Träger des kommunistischen Systems, was
das weitere Vorgehen bestimmte. Die Polizeibataillone 316 und 322 wurden
angewiesen, das jüdische Viertel nach "bolschewistischen Kommissaren und
Kommunisten" zu durchsuchen und Wertgegenstände zu beschlagnahmen, die
angeblich von Juden geplündert sein sollen.
Während die Durchsuchungsaktion noch im Gange war, stattete
Heinrich Himmler den Ordnungspolizisten seinen Besuch ab und erkundigte sich
nach dem Fortgang der Maßnahmen. Am Abend des selben Tages fand eine
Besprechung statt, an der außer Himmler Erich von dem Bach-Zelewski und
Offiziere des Polizeiregiments Mitte teilnahmen. Als eine weitere Instanz des
Verfolgungsnetzwerkes war die Wehrmacht durch ihren Befehlshaber des
rückwertigen Heeresgebietes vertreten. Von dieser Besprechung soll Major
Waldow, der Kommandeur des Polizeibataillons 316, "ganz verstört"
zurückgekommen sein und habe, so erinnerte sich später sein Adjudant, seine
drei Kompanieführer um sich versammelt. Dann habe er ihnen mitgeteilt,
"daß man ihm dort eröffnet habe, daß wir Judenerschießungen durchzuführen
haben werden".
Damit konnte Himmler nur Massenerschießungen gemeint haben,
denn seit der Ankunft der Batallione in Byalstock waren schon einzelne oder
kleinere Gruppen von Juden erschossen worden. Allein das Polizeibataillon 322
hatte bis zum Abend des Durchsuchungstages 22 Personen erschossen, zum Teil auf
Anordnung des Sicherheitsdienstes der SS. Laut Kriegstagebuch des
Polizeibataillons 322, einem der wenigen aussagekräftigen Dokumente der
Ordnungspolizei, die nicht bei Kriegsende verbrannt worden sind, handelte es
sich fast ausschließlich (...) um Juden. Ebenso waren durch das
Polizeibataillon 316 in diesem Zeitraum Juden und russische Offiziere
erschossen worden, einige nach Verurteilung durch Standgerichte.
Am anderen Morgen besuchte mit dem Chef der Ordnungspolizei,
Kurt Daluege, ein weiterer NS-Spitzenfunktionär das Polizeiregiment Mitte. Vor
dem angetretenen Polizeibataillon 316 hielt er im Bialystoker Sportstadion eine
Rede, deren ganze Tragweite den Polizisten erst einige Tage später bewusst
werden sollte. Daluege betonte in seiner Ansprache, "daß das Regiment
stolz sein kann, an der Niederringung des Weltfeindes, des Bolschewismus,
mitbeteiligt zu sein. Noch kein Feldzug sei von solcher Bedeutung gewesen, wie
grade der jetzige. Der Bolschewismus wird nun ausgerottet werden, zum Segen
Deutschlands, Europas, ja der ganzen Welt." Mit einem Sieg Heil auf den
Führer beschloss der General die Ansprache. Zwei Tage später erhielten die
Bataillone des Polizeiregiments Mitte durch ihren Regimenskommandeur,
Oberstleutnant Max Montua, folgenden Auftrag übermittelt:
"1.
Auf Befehl des höheren SS und Polizeiführers z.b.V. beim Befehlshaber des
rückw. Heeresgebietes Mitte, sind alle als Plünderer überführte männliche
Juden im Alter von 17-45 Jahren sofort standrechtlich zu erschiessen. 2. Die
seelische Betreuung der bei dieser Aktion beteiligten Männer, haben sich die
Batallionskommandeure und Kompanie-Chefs besonders angelegen sein zu lassen.
Die Eindrücke des Tages sind durch Abhaltung von Kameradschaftsabenden zu
verwischen. 3.
Durchgeführte Exekutionen sind mir täglich bis 20 Uhr in kürzester Form zu
melden." |
Am Samstag, dem 12. Juli 1941, erfolgte auf der Grundlage des Befehls vom
Vortage frühmorgens die Bekanntgabe der genauen Einsatzaufgaben durch die
Offiziere der Polizeibataillone 316 und 322 an ihre Mannschaften. Der Auftrag
lautete zunächst auf Festnahme aller Juden im "arbeits- oder wehrfähigen
Alter" in einem bestimmten Stadtviertel. Während ein Teil der Polizisten
den ihnen zugewiesenen Bezirk abriegelten, drangen Kollegen von ihnen in die
Wohnungen der Juden ein. Jüdische Männer, die sich nicht sofort abführen
ließen, wurden mit Gewalt aus den Häusern gezerrt.
Einer der beteiligten Polizisten der ersten Kompanie, zum
Zeitpunkt seiner Vernehmung ein 59-jähriger Gastwirt, schilderte unter Tränen,
wie er die Festnahmen erlebt hatte:
"Es
gab hier furchtbare Abschiedsszenen, denn die jüdische Bevölkerung ahnte, daß
diese männlichen Personen in den Tod gingen. Vermerk: "Herr H. weinte
ergriffen". (...) Bestialisch wurden die Opfer von ihren Angehörigen
losgerissen und auf die LKW's geprügelt. Hierbei hatten sich nicht nur
Angehörige meiner Kompanie, sondern auch Teile der poln. Bevölkerung
(Nichtjuden) aktiv beteiligt. Während einige Angehörige der Kompanie mit
ihren Gewehrkolben auf die Juden einschlugen, besaßen die Polen bzw. die
Nichtjuden Knüppel bzw. abgerissene Zaunlatten, mit denen sie ebenfalls
rücksichtslos auf die Wehrlosen einschlugen. Ich war so erschüttert über
diese grausame und unmenschliche Handlung, daß ich mich abseits hielt, um
nicht wegen meiner Passivität aufzufallen". |
Alle Festgenommenen wurden in dem Sportstadion gesammelt, in
dem drei Tage zuvor der Chef der Ordnungspolizei "die Ausrottung des
Bolschewismus" propagiert hatte. Nach Wegnahme der Wertsachen mussten sie
dichtgedrängt in sommerlicher Hitze auf dem Boden hocken und warten. Einige
wurden bewusstlos, andere begannen vor Durst zu schreien. Aus Mitleid
verteilten wachhabende Polizisten Wasser an Juden, bis Unterführer darauf
aufmerksam wurden und es verboten. Immer wieder erschienen Angehörige am Stadion,
um sich bei den Wachposten nach dem Verbleib ihrer Männer, Väter und Söhne zu
erkundigen, denen man bei der Festnahme erklärt hatte, sie kämen zu einem
Arbeitseinsatz. Am späten Nachmittag begann der Abtransport der mittlerweile
mehreren tausend Gefangenen in ein Waldgebiet einige Kilometer außerhalb von
Bialystock. Jeweils um die dreißig Männer wurden auf die Ladefläche eines LKW
gezwungen und durch Polizisten während der Fahrt bewacht.
Das Erschießungsgelände war doppelt gesichert. Eine äußere
Postenkette schirmte das gesamte Areal weiträumig vor unbefugten Zuschauern ab.
Um die eigentlichen Erschießungsgräben und den Bereich, wo die Juden von den
LKW absteigen mussten, zog sich ein weiterer Absperring von Polizisten. Sie
hatten den Befehl, auf jeden Flüchtenden sofort zu schießen. Da immer nur ein
Teil der ankommenden Opfer gleichzeitig erschossen werden konnte, mussten die
übrigen in Todesangst auf dem Boden kauernd warten, bis auch sie zur
Erschießung getrieben wurden. Bei der Bildung der Exekutionskommandos fragten
die einteilenden Offiziere und Unterführer zuerst nach Freiwilligen. Wenn sich
nicht genügend meldeten, wurden weitere Polizisten einfach als Schützen
bestimmt, bis die erforderliche Anzahl erreicht war.
Wie Momentaufnahmen haben einzelne Vernehmungsaussagen
Augenblicke des Massakers festgehalten. Julius S., der vor seinem Polizeidienst
bei der Firma Krupp gearbeitet hatte, erinnerte sich an den genauen Ablauf des
Mordeinsatzes in Bialystock:
"Mit
14 Kameraden meines Halbzuges hatte ich außerhalb des Panzergrabens an dessen
einer Längsseite auf Tuchfühlung Stellung zu beziehen, nachdem 15 Juden
beziehungsweise Männer in den Panzergraben teils hineingejagt, teis
hineingeprügelt wurden, wo sie an der anderen Längsseite des Grabens mit dem
Gesicht zu ihrer Wand Aufstellung nehmen mußten. Sie bildeten also auch eine
in Tuchfühlung stehende Gruppe. Sie weinten, jammerten oder fluchten. Einige
riefen auch: "Ihr Hunde, Ihr Schweine!" Wir 15 Schützen waren
direkt dem Befehl des Hauptmann Nord unterstellt. Er ging an der Längsseite
des Grabens, an der die Delinquenten standen, von einem Opfer zum anderen,
wies jeweils mit der gezogenen Pistole auf das Opfer, vor dem er stand, wobei
er diese Person abzählte und sich überzeugte, daß zum Beispiel Schütze 5
gegenüber dem Opfer 5 stand. Danach trat er an die Kopfseite und gab den
Befehl "Legt an - gebt Feuer!" und wir Schützen gaben eine Salve
ab, wobei wir jeweils auf das Genick des uns gegenüber stehenden Mannes
zielten. Die Entfernung betrug etwa 5 Meter. Ich habe nur insgesamt 10 Opfer
erschießen können, nachher war ich fertig. Ich trat dann zu dem
Absperrkommando ab, nachdem mir der Kollege K. sagte, er wolle mich ablösen,
und ich übernahm dann für ihn den Absperrdienst. Offensichtlich hatte er
Mitleid mit mir, da ich ihm wohl aufgefallen bin." |
Die kurze Schußdistanz hatte furchtbare Verletzungen zur
Folge. Wenn nicht das Genick, sondern der Kopf getroffen wurde, platzte die
Schädeldecke ab und die Schützen wurden mit Blut, Knochensplittern und
Gehirnteilen bespritzt. Auf nicht tödlich Getroffene gaben einzelne Offiziere
oder der Stabsarzt mit Pistolen "Nachschüsse" ab. In den Gräben waren
Batallionsangehörige damit beschäftigt, nach jeder Salve die Körper der
Ermordeten gerade zu ziehen, um pro Graben möglichst viele Tote aufnehmen zu
können. Einer der dazu Bestimmten wühlte "wie ein Verrückter" völlig
verstört in den Leichen herum, ein anderer soll blutverschmiert "wie ein
Metzger" ausgesehen haben.
Um die psychische Belastung der Schützen zu verringern und
damit auch die Anzahl von Nervenzusammenbrüchen und Fehlschüssen zu reduzieren,
wurden die Exekutionskommandos nach einer Weile ausgetauscht. Dann übernahmen
die bisherigen Schützen Absperraufgaben oder bedeckten die Ermordeten nach
jeder Salve mit einer dünnen Schicht Erde, bevor die nächsten Opfer in die
Gruben getrieben wurden. Noch in der Nacht zum Sonntag wurde unter
Scheinwerferlicht der LKW, die bis an die Gräben herangefahren waren, weitergeschossen.
Erst als in Folge der schlechten Sichtverhältnisse und der grauenhaften
Gesamtumstände immer öfter Fehlschüsse vorkamen, ordente Major Waldow im
Einvernehmen mit dem Regiment den vorläufigen Abbruch der Erschießungen an. Die
Mehrzahl der Batallionsangehörigen hatte zum ersten Mal Menschen getötet. Zu
kollektiven Verweigerungen war es nicht gekommen. Nur wenige haben um eine
andere Aufgabe gebeten, die meisten führten die ihnen gegebenen Befehle ohne
Nachfragen aus. Wenn Schützen dem Mordhandwerk nicht mehr gewachsen waren,
fanden sich wiederholt Freiwillige, die für sie einsprangen.
Als die Polizisten in ihre Unterkünfte zurückkehrten, war
die Stimmung gedrückt. Einer der Beteiligten sagte über jenen Abend aus:
"Einige schimpften, einige schwiegen. An dem Tag war jeder deprimiert und
schockiert. Es wurde nicht viel gesprochen, das war später". Über
"die Eindrücke des Tages", wie es im Befehl vom 11. Juli in Bezug auf
die Erscheießungen geheißen hatte, half vermutlich auch nicht der Alkohol
hinweg, den die Männer noch Abends erhielten. Am anderen Morgen wurde das
Morden solange fortgesetzt, bis alle festgenommenen Juden, von denen einige im
Erschießungsgelände die Nacht über hatten ausharren müssen, hingerichtet waren.
Anschließend ebneten die Polizisten die Massengräber ein und bepflanzten sie
zur Tarnung mit Bäumen und Sträuchern. Allein an diesem Juliwochenende waren
schätzungsweise 3.000 jüdische Männer und Jugendliche ermordet worden. In den
Dienstausweisen der Polizisten wurde unter der Rubrik "Sonstige wichtige
Eintragungen" lakonisch "Einsatz am 12. und 13.7.1941 in
Bialystock" vermerkt, weitere Einträge sollten folgen.
Das Polizeibataillon 316 verließ nach dem 13. Juli
Bialystock in östlicher Richtung und traf Mitte Juli 1941 in Baranowcze ein.
Dort hatte zuvor das Einsatzkommando 8 der Einsatzgruppe B mehrere hundert
Juden ermordet. Für die nächsten drei Wochen diente Baranowcze dem
Polizeibataillon 316 als Ausgangspunkt für eine Reihe von Massenerschießungen,
die eigenständig oder gemeinsam mit Angehörigen des Einsatzkommandos 8
durchgeführt wurden. Das Vorgehen entsprach dem in Bialystock praktizierten
Muster. Unter einem Vorwand trieben Polizisten die Juden zusammen, beraubten
sie ihrer Wertsachen und erschossen sie außerhalb der Ortschaften an
vorbereiteten Gruben. Den Ordnungshüter wurde zur "Begründung" immer
wieder eingeschärft, "daß in erster Linie die Juden die Unruhestifter
hinter der Front seien". Doch die den Juden gemachten Vorwürfe waren
völlig willkürlich erhoben und wechselten ständig. Den Polizisten musste
bewusst gewesen sein, daß die Juden erschossen wurden, nur weil sie Juden und
Angehörige der als minderwertig angesehenen Ostbevölkerung waren.
Auf Veranlassung des höheren SS- und Polizeiführers drang am
17. Juli 1941 ein Einsatztrupp des Einsatzkommandos 8 gemeinsam mit dem
Polizeibataillon 316 in Slomin ein und nahm etwa 2.000 Männer fest, unterstützt
durch die einheimische Bevölkerung. Einer Meldung zufolge wurden 1.075
"Juden und andere kommunistisch belastete Elemente" erschossen, die
übrigen Festgenommenen wurden am Abend laufen gelassen. Am 19. und 20. Juli
durchkämmten die Polizeibataillone 307 und 316 die Gegend südlich der Rollbahn
1, eine der Hauptverbindungsstraßen zur Front, entlang der Eisenbahnlinie
Baranowcze-Luniniec. Im Zuge dieser Maßnahme exekutierte die 2. Kompanie des
Polizeibataillons 316 eine größere Gruppe, die Angaben schwanken zwischen 30
und 150 männlicher Juden nahe der Ortschaft Hansewicze.
Der nächste Einsatz des Bataillons, an dem wieder Angehörige
des Einsatzkommandos 8 beteiligt waren, richtete sich am 23. Juli 1941 gegen
die jüdischen Bewohner Baranowczes. Nach mehreren Bekundungen waren diesmal
aber alle Juden zu ergreifen, "ohne Rücksicht auf Alter und
Geschlecht". Auch sie wurden anschließend erschossen. Am 24. Juli kamen
Polizisten des Polizeibataillons 316 einem Mordauftrag in Telechany nach, der
erst am nächsten Tag abgeschlossen war. Ebenso wurden in der zweiten Julihälfte
in Lacowicze, Sluzk und an vielen weiteren, nicht mehr identifizierbaren Orten
kleinere und größere Personengruppen, in der Mehrzahl Juden, ermordet. Parallel
zu diesen Einsätzen, die sich in Tagesaktionen gezielt gegen eine bestimmte
jüdische Gemeinde einer Stadt richteten, wurden von kleineren Kommandos
Streifenfahrten in das Umland unternommen.
Ab August 1941 bestimmten für längere Zeit solche Maßnahmen,
die mit der Sicherung des eroberten Gebietes und wichtiger Verkehrswege
begründet wurden, die Tätigkeit des Bataillons. Dabei wurden außer Juden auch
russische Soldaten aufgegriffen, die von der schnell vorrückenden Wehrmacht
überrollt worden waren und den Anschluß an ihre Einheiten verloren hatten.
Allein im Bereich der Heeresgruppe Mitte waren nach den Kesselschlachten von
Bialystock und Minsk bis zum 9. Juli 1941 323.000 Soldaten in Gefangenschaft
geraten. Ein Bataillonsangehöriger schilderte die Behandlung der russischen
Soldaten durch den Führer der 3. Kompanie: "Meistens entschied er an Ort
und Stelle, ob die Gefangenen sofort zu erschießen oder auf einem LKW zu einem
Gefangenenlager zu transportieren waren." Maßnahmen gegen versprengte
Soldaten und Judenmord gingen bei "Durchkämmungs- und
Säuberungsaktionen" ineinander über. Vom 6. bis 12. August 1941 sicherte
das Polizeibataillion 316 im Verband mit der 252. Infanteriedivision der
Wehrmacht eine groß angelegte Durchsuchung der Pripjet-Sümpfe durch die 1.
SS-Kavallerie-Brigade ab. Neben der militärischen Offensive gegen versprengt
russische Truppenteile, bei der hunderte Wehrmachtssoldaten fielen, ermordete
die SS-Kavallerie über 13.000 Juden in den durchkämmten Gebieten.
Im Rahmen dieser Unternehmung hatte das Polizeibataillon 316
die ersten Gefallenen zu verzeichnen. Nachdem die 1. Kompanie in der Nähe des
Dorfes Jazyl überraschend von versprengten russischen Soldaten angegriffen
worden war, starben sieben Wachtmeister beim Rückzug im Feuergefecht. Erst nach
der Freikämpfung des Dorfes konnten die Leichen geborgen werden, von denen
mindestens eine, wahrscheinlich aber mehrere verstümmelt worden waren. Die
Empörung wurde noch größer, als die Polizisten in einem nahen Sägewerk
Wehrmachtssoldaten tot auffanden, deren Leichen ebenfalls geschändet worden
waren. Der höhere SS- und Polizeiführer gab persönlich vor Ort den Befehl zur
Ermordung der Einwohner von Jazyl. Obwohl eine Unterstützung der russischen
Soldaten durch die Dorfbewohner keineswegs erwiesen war, einige Polizisten
hielten sie sogar für ausgeschlossen, wurden sie mit Maschinengewehren
"einfach reihenweise zusammen geschossen" und ihr Dorf
niedergebrannt.
Angesichts der verstümmelten Kameraden schien sich aus der
ideologisch aufgeladenen Sicht der Polizisten die nationalozialistische
Propaganda, die den russischen Soldaten eine "heimtückische",
"asiatische" Kampfweise unterstellte, zu bestätigen. Bei
Streifenfahrten außerhalb der Städte bewegten sie sich in einer für sie
fremden, als bedrohlich empfundenen Umgebung, in der überall Partisanen
vermutet wurden. Der einheimischen Bevölkerung, auch derjenigen, die sich
ausgesprochen freundlich gegenüber den Besatzern verhielt, wurde mit Misstrauen
begegnet. Indem die Durchkämmungsaktionen und Straßenkontrollen als Maßnahmen
zur Bekämpfung von Unruhestiftern, Partisanen und deren Helfern ausgegeben
wurden, wurden die angetroffenen Personen demnach auch als solche angesehen.
Die Ereignisse von Jazyl führten zu einer weiteren
Brutalisierung der Polizisten. Nach den ersten eigenen Toten wurden von der 1.
Kompanie des Polizeibataillons 316 offensichtlich jeder erschossen, der im
Umkreis der Rollbahn angetroffen wurde. Keine drei Wochen nach ihrer ersten
Beteiligung an einer Massenerschießung von Juden war die Umsetzung des
Holocaust für das Polizeibataillon 316 Alltag geworden.
Kennzeichnend für die Einsätze im Raum Baranowcze ist die
folgende Aussage: "An einem Abend hieß es, daß wir am nächsten Tag zum
Einsatz kommen würden. Wir konnten uns an sich bereits denken, dass es sich um
eine Judenaktion handeln würde, da diese ja an der Tagesordnung waren, wußten
aber noch nicht, welche Aufgaben wir hierbei zu erfüllen haben würden."
Waren in Bialystock und Slonim zunächst Frauen und Kinder von den Erschießungen
noch ausgenommen worden, hatte diese nur wenige Tage später bei der Ermordung
der Juden in Baranowicze schon nicht mehr gegolten. Auch die formale
Durchführung der Erschießungen war binnen kürzester Zeit erodiert. In
Bialyszock hatte man noch zu Beginn den Anschein einer standrechtlichen
Erschießung zu waren versucht, indem jeweils ein Schütze einem Opfer gegenüber
stand, eine Todeskontrolle mit "Nachschüssen" stattfand und die
Leichen vor Heranführung der nächsten Delinquenten mit Sand abgedeckt wurden.
Doch schon eine Woche später wurde dieses Vorgehen, das die Schützen psychisch
entlasten sollte, den veränderten Gegebenheiten vor Ort angepasst, als am
19./20. Juli 1941 Juden in Hansewicze unter furchtbaren Bedingungen in einem
Sumpfgelände ermordet wurden. Zwar hatte man zunächst auch hier versucht, nach
dem bisherigen Schema zu verfahren, in der Erschießungsgrube hatte sich aber
Grundwasser gesammelt, das sich trotz Sandschichten im Verlauf der Exekutionen
blutrot verfärbte. Jede neue Gruppe von Opfern musste buchsstäblich in das
Wasser hineinwaten, ehe sie erschossen wurden.
Das Vorgehen des Polizeibataillons 316 entsprach in seiner
Entwicklung der Dynamik des Vernichtungsprozesses, die sich auch bei anderen
Einheiten zu dieser Zeit im Mittelabschnitt der Ostfront beobachten lässt.
Deutlich wird dieser Zusammenhang unter anderem an der räumlichen Nähe zum
Einsatzkommando 8, dem das Polizeibataillon zunächst nach Bialystock,
anschließend nach Baranowcze und Anfang September schließlich bis nach Mogilew
gefolgt war. Dort ermordete am 19. Oktober 1941 das Polizeibataillon 316 zusammen
mit dem Einsatzkommando 8 und ukrainischer Hilfspolizei einer Meldung zufolge,
"3.726 Juden beiderlei Geschlechts und jeden Alters."
Vom Säugling bis zum Greis wurden die Bewohner des Mogilewer
Ghettos unter unbeschreiblich grausamen Umständen mit Maschinenpistolen
erschossen, ein Vorgang, den selbst die Täter als eine "wüste
Metzelei" bezeichneten. Im Anschluss konnte Mogilew "als fast
judenfrei" bezeichnet werden. Lediglich wenige jüdische Handwerker waren
von der Exekution ausgenommen worden, weil sie noch als Zwangsarbeiter benötigt
wurden. Am 7. und 8. November 1941 beteiligte sich die 3. Kompanie des Polizeibataillons
316 an der Liquidation des Ghettos von Bobruisk. Schon vor Beginn waren die
Polizisten angewiesen worden, bei der Räumung des Ghettos "bettlägerige
Juden gleich in ihren Unterkünften zu erschießen". Außerhalb der Stadt
ermordete die 3. Kompanie zusammen mit dem Einsatzkommando 8, dessen Chef
Bradfisch die Leitung hatte, 5.281 jüdische Männer, Frauen und Kinder. Danach
konnte auch Bobruisk und das nähere Umland "judenfrei" gemeldet
werden. Bis Ende 1941 war fast die gesamte jüdische Bevölkerung im Osten
Weißrusslands ermordet worden.
Die Ghettoräumung in Bobruisk ist wahrscheinlich die letzte
Massenerschießung von Juden gewesen, an der das Polizeibataillon 316 im Rahmen
seines ersten Osteinsatzes beteiligt gewesen war. In der Folgezeit dominierten
vereinzelte Gefechte mit russischen Verbänden sowie der Schutz von wichtigen
Bahnstrecken und Straßenverbindungen gegen die zahlreicher werdenden
Partisanengruppen den Einsatz. Wieviele unbeteiligte Zivilisten auch hierbei
ermordet wurden, läßt sich mangels geeigneter Quellen kaum noch nachweisen. Am
23. Mai 1942 kehrte das Batallion für einige Wochen nach Bottrop zurück, bevor
es zu neuen Einsätzen in Jugoslawien, Frankreich und Polen aufbrach. Der in der
Nachkriegszeit ermittelnde Staatsanwalt hielt in seinem Abschlußbericht fest,
daß die Einheit bis zu diesem Zeitpunkt "selbst bei vorsichtiger Schätzung
an der Liquidierung von 10.000 bis 15.000 Personen beteiligt gewesen sein"
dürfte.
3. "Als wir das Lager erreicht hatten, war unser
Auftrag erledigt".
Polen im Sommer und Herbst 1942: Der Einsatz des
Reservepolizeibataillons 65
Bevor das Reservebataillon 65 im Generalgouvernement tätig
wurde, war die Einheit des Polizeibataillon 316 im Vernichtungskrieg gegen die
Sowjetunion zum Einsatz gekommen. Zunächst im Baltikum, dann auf dem Vormarsch
in das Winterlager bei Luga in Nordrussland waren Bataillonsangehörige an
Massenerschießungen von Juden beteiligt gewesen. Männer der 1. und 2. Kompanie
hatten in Kaunas an der Festnahme, dem Abtransport der Opfer und an
Absperrungen mitgewirkt, während die egentlichen Erschießungen von einheimischer
Hilfspolizei auf Befehl und in Kooperation mit einem Einsatzkommando
vorgenommen worden waren. Darüber hinaus hatte die 3. Kompanie, die
streckenweise getrennt von den übrigen Batallionsteilen agierte, bei einer
Massenerschießung in Schaulen Ende Juni/Anfang Juli 1941 sowie im Raum Pleskau
im Juli 1941 auch Exekutionskommandos gestellt. Bei den Opfern handelte es sich
mehrheitlich um Juden, vereinzelnd aufgegriffene Partisanenverdächtige"
waren aber ebenfalls erschossen worden. Die reale Gefährdung durch Partisanen
oder versprengte russische Soldaten muß jedoch vergleichsweise gering gewesen
sein, denn bis Jahresende 1941 hatte das gesamte Reservepolizeibataillon 65
"nur" drei Tote und zehn Verwundete zu beklagen, die bis auf einen
Verwundeten sämtlich in die letzte Juliwoche 1941 gefallen waren.
Dagegen war für die militärisch nur unzureichend
ausgebildeten und ausgerüsteten die erste Fronterfahrung zum Desaster geraten.
Große Teile des Batallions waren im Januar 1942 bei Cholm zusammen mit
Wehrmachtseinheiten von starken Verbänden der Roten Armee eingeschlossen
worden. Erst Anfang Mai 1942 war es gelungen, die Eingekesselten, die über 100
Tage die Stadt gegen überlegene sowjetische Kräfte gehalten hatten,
freizukämpfen.
Die NS-Propaganda wusste den militärischen Erfolg in ihrem
Sinne zu nutzen. Mehrfach hatte die Gelsenkirchener Lokalpresse über die
Ereignisse berichtet. Hervorgehoben wurde unter anderem, dass ein
Gelsenkirchener Batallionsangehöriger die eigens gestiftete Auszeichnung
entworfen hatte. Dieser sogenannte Cholm-Schild war allen an der Einkesselung
Beteiligten verliehen worden, das Batallion hatte offiziell den Beinamen
"Cholm" erhalten, ganz im Stil siegreicher römischer Legionen.
Abseits der Ehrenveranstaltungen fiel die Bilanz weniger feierlich aus: Allein
beim Resevepolizeibataillon 65 waren 105 Polizisten gefallen, 18 galten als
vermisst und etwa 180 Männer waren verwundet worden. Nach den Kämpfen bei Cholm
wurde das Resevepolizeibataillon 65 Anfang Juni 1942 in das Generalgouvernement
verlegt, d.h. nach Zentralpolen, das seit der deutschen Besetzung im September
1939 unter deutscher Verwaltung stand, aber nicht wie die westlicheren Gebiete
des Landes in das deutsche Reichsgebiet "eingegliedert" worden war.
Neuer Standort für die nächsten acht Monate wurde ein Barackenlager in
Brunowicze am Rande von Krakau.
Zunächst wurden die in Cholm eingesetzen Polizisten zur
Erholung gruppenweise in den Heimaturlaub und zu Ski-Lehrgängen in den
polnischen Wintersportort Zakopane geschickt. Aus Gelsenkirchen-Buer kamen
Reservisten der sogenannten Polizeikompanie "Ost", um die zahlreichen
Gefallenen zu ersetzen. Sie wurden weiter vor Ort in Brunowicze ausgebildet bis
das Batallion im Sommer 1942 in vollem Umfang seine Tätigkeit in Krakau
aufnehmen konnte. Krakau war zur Hauptstadt des Generalgouvernements erklärt
worden und damit Sitz zahlreicher Behörden. Als oberster Repräsentant der
deutschen Zivilverwaltung residierte Generalgouverneur Hans Frank oberhalb der
Altstadt in der Krakauer Burg, zu deren Schutz Männer des
Reservepolizeibataillons 65 eingeteilt waren. Auch hatten sie die Dienststelle
des Befehlshabers der Ordnungspolizei für das Generalgouvernement, Herbert
Becker, zu bewachen. Dieser bildete nach dem höheren SS- und Polizeiführer
Friedrich Wilhelm Krüger, der ebenfalls in Krakau ansässig war, die oberste Befehlsebene
für die mindestens 12.000 in den fünf Distrikten des Generalgouvernements
eingesetzten Ordnungspolizisten.
Zum Vergleich: die Sicherheitspolizei verfügte nur über rund
2.000 Mann deutsches Personal, sie war demach auf fast allen Gebieten auf die
Unterstützung der Ordnungspolizei und der personell sehr starken
"Hilfspolizei" auch sogenannten Volksdeutschen, Polen und Ukrainern
angewiesen. Eine Form der Zusammenarbeit bestand darin, daß Wachtmeister des
Reservebataillons 65 mehrfach jüdische und nichtjüdische Häftlinge aus dem
Krakauer Gefängnis der Sicherheitspolizei ("Montelupich-Gefängnis")
abholten und in einem Waldstück nahe der Stadt erschossen. Welche Funktionen
die Ordnungspolizei ganz allgemein im Generalgouvernement wahrnahm und welches
Gewicht ihr beigemessen wurde, erschließt sich aus einer Bestandsaufnahme des
SS- und Polizeiführers für den Disrikt Warschau.
Dieser stellte bezogen auf seinen Verantwortungsbereich im
Herbst 1941 fest, die Ordnungspolizei sei "bis zum letzten Mann restlos
eingespannt. Diese ist so das Mädchen für alles! überall dort, wo Not am Mann
ist, wird sie eingesetzt. Sei es nun, es handelt sich um die Bekämpfung des
Schleichhandels, Bekämpfung des Bettlerunwesens, Gestellung von Ghettowachen,
Gestellung von Gefangenentransportkommandos, Bewachung für Kohlen-,
Lebensmittel- und Geldtransporte, Großeinsatz zur überwachung des Verkehrs und
Verdunklungsmaßnahmen, Gestellung von Sonderstreifen gegen Sabotageakte an
Brücken usw., Sonderkomandos für den SD bei Großeinsatz für
Verbrecherbekämpfung usw."
Als mit der Auflösung des Ghettos von Lublin am 6. März 1942
die systematische Ermordung der Juden im Generalgouvernement einsetzte,
erweiterte sich dieses Aufgabenspektrum noch um tägliche Massenerschießungen
und Deportationen in die Vernichtungslager. Was für die Polizisten aus dem
Ruhrgebiet bedeutete, daß sie seit Sommer 1942 in die Verfolgung der Juden in
Krakau und im weiteren Umland einbezogen wurden.
Im ganzen Distrikt Krakau lebten Anfang 1942 Schätzungen
zufolge ca. 218.800 Juden. In vielen Städten waren sie in eigenen Viertel
konzentriert und isoliert worden, wo sie unter Kontrolle der Besatzungsbehörden
standen und dem Zugriff der Polizei ausgeliefert waren. Nach und nach wurden
diese Ghettos aufgelöst, in größeren Städten wie Krakau erfolgten mehrere
"Aktionen", bei denen jeweils tausende Menschen deportiert wurden.
Überlebenschancen hatten nur solche Juden, die als "arbeitsfähig"
eingestuft worden waren und aus wirtschaftlichen Erwägungen vorrübergehend
verschont blieben.
Der arbeitsteilig organisierte Vernichtungsprozess stezte
die Zusammenarbeit unterschiedlicher Behörden voraus, die Koordination auf
Distriktsebene lag bei den jeweiligen SS- und Polizeiführern. Zu den
Ghettoräumungen konnten zusätzliche Kräfte angefordert werden, um die örtliche
Sicherheits- und Schutzpolizei zu unterstützen, in erster Linie Kräfte der
Waffen-SS oder der Truppenpolizei. Im Raum Krakau fiel diese Funktion
wiederholt dem Reservepolizeibataillon 65 zu. Offenbar war es zu dieser Zeit
üblich, den Polizisten per Aushang am "Schwarzen Brett" die Namen
derjenigen mitzuteilen, die zur Teilnahme an einem Einsatz vorgesehen waren.
Freiwillige erhielten Sonderrationen an Schnaps, Zigaretten und Tabak.
Das Batallion war mittels der eigenen Kraftfahrzeuge in
seinem Aktionsradius nicht auf den Distrikt Krakau beschränkt, wie das folgende
Beispiel zeigt. Im August 1942 fuhr die 3. Kompanie zu einem Einsatz nach
Kielce, nordöstlich von Krakau im Distrikt Radom. Ihr Auftrag bestand darin, im
fast menschenleeren Ghetto, vorausgegangen war die eigentliche Räumung,
wahrscheinlich unter der Beteiligung der 1. Kompanie, nach versteckten oder
zurückgelassenen Juden zu suchen. Von den Polizisten wurde der Einsatz daher
als ein "Nachkmmando" bezeichnet.
Alle aufgegriffenen Juden wurden zu Fuß oder mittels
Panjewagen in ein nahes Waldstück gebracht. Dort angelangt, mussten sie sich
nackt ausziehen und an Gruben herantreten, die vorher durch polnische
Hilfskräfte ausgehoben worden waren. Die Erschießungen erfolgten durch
Polizisten des Batallions und durch Angehörige der Sicherheitspolizei.
Überwiegend soll es sich bei den ca. 40-50 Aufgegriffenen um ältere Frauen und
Männer gehandelt haben, die krank waren und nicht mehr gehen konnten.
Vereinzelt waren aber auch Jüngere bis hin zu Kindern unter den Opfern, wie
Alois B. zu Protokoll gab:
"Ich
erinnere mich noch, daß eine jüdische Frau mittleren Alters mit einem etwa
zwei Jahre alten Kind sofort in die Grube hineigesprungen ist und sich dem
Exekutionskommando mit dem Gesicht und erhobenem Kopf gegenüber gestellt hat.
Dies war für mich ein besonders fürchterlicher Anblick. Wie die Erschießung
dieser Frau mit dem Kind erfolgte, ob durch Pistolenschüsse oder durch
Schüsse mit einer MP, kann ich heute nicht mehr sagen. Der Anblick bei der
Erschießung dieser Frau ist mir ganz deutlich in Erinnerung geblieben. (...)
Unser Kommando hat sich meines Wissens am Exekutionsort etwa 3-4 Stunden
aufgehalten. Danach war der Einsatz beendet. Wir sind am Spätnachmittag mit
unseren Fahrzeugen zu unserer Unterkunft nach Krakau zurückgefahren." |
Eine weitere Ghettoräumung, die das Reservepolizeibataillon
65 durchführte, fand zwischen Sommer und Herbst 1942 in Krakau statt. Der
Vorgang entsprach dem bekannten Schema: Im Morgengrauen fuhren die Polizisten
mit ihren Fahrzeugen zum Ghetto in Krakau. Während ein Teil der Männer die
Absperrung übernahm, und Flüchtende aufzuhalten hatte, drangen andere
Polizisten in die Häuser ein und trieben die Bewohner auf die Straße. Die nicht
mehr Gehfähigen und Schwachen wurden gleich in Ghettonähe erschossen, darunter
die Patienten eines jüdischen Krankenhauses. Der Gelsenkirchener Josef D.
schilderte ausführlich die Festnahme:
"Ich
kam u.a. in ein Krankenzimmer und hier sagte mir der Arzt, es handele sich um
eine frisch operierte (Blinddarm) Patientin und diese wäre nicht
transportfähig. Ich antwortete ihm, daß wir aber alle Insassen abzuliefern
hätten, bzw. die Zahl, die auf dem Schein stand. Und wenn sie nicht mit
könne, so müsse er oder ein paar andere ärzte mitkommen. Mit diesen Menschen,
genau 46 an der Zahl, fuhren wir zu einem uns bekannten Platz im Wald. (...) Vorweg
möchte ich noch eine traurige Geschichte zu Protokoll geben, die sich im
Krankenhaus zutrug. U.a. hatten wir eine alte Krankenschwester mit zu
verladen. Diese zeigte mir ein EK I aus dem ersten Weltkrieg und sagte mir,
daß sie im ersten Krieg Krankenschwester war. Außerdem bot sie mir Geld und
Schmuck an und ich solle ihr das Leben retten. Ich konnte es doch nicht aus
der damaligen Situation heraus. Ich nahm zwar das Geld und den Schmuck an
mich und gab beides den mit anwesenden SS-Männern. Als wir in den Wald kamen,
war auch der Lt. B. noch da. Dort befanden sich, wie ich schon wußte, mehrere
Gruben. Die jungen Polen zogen dort an den Gruben die Männer, Frauen und
Kinder nackend aus und führten sie an die Grube. Nur der frisch operierten
Frau (es handelte sich hierbei um die schon erwähnte Krankenschwester) wurde
das Nachthemd angelassen. Diese wurde an die Grube getragen. Ich habe bei der
Exekution dieser 46 Insassen des Krankenhauses abgesperrt. Diese Menschen
sind dann durch Karabinerschüsse von Schützen aus der 1. Kp. getötet worden.
Zumindest nehme ich an, daß auch diese Leute durch die 1. Kp. getötet wurden.
Zumeist mußten sich die Opfer auf den Grubenrand knien und in einer
Entfernung von etwa 2-3 Metern wurden sie dann, ohne ein vorheriges Feuerkommando
getötet". |
Außer den Krankenhausinsassen wurden hunderte Menschen im
Zusammenhang mit der teilweisen Auflösung des Krakauer Ghettos erschossen, auch
hierbei stellte das Reservepolizeibataillon 65 die Schützen für
Exekutionskommandos. Für dieses Vorgehen hatte die NS-Bürokratie den
menschenverachtenden Ausdruck "örtliche Umsiedlung" ersonnen, in
Abgrenzung zur "Umsiedlung". Mit diesem Unwort wurden im
Schriftverkehr von Behörden etwa in Zugfahrplänen, sowie im Sprachgebrauch des
Batallions die Deportationen in Vernichtungs- oder Konzentrationslager
umschrieben, die nun den weitaus größeren Teil der Ghettobewohner traf. Trotz
Tarnsprache und Vorwänden, mit denen die Menschen über ihr weiteres Schiksal
getäuscht werden sollten, wußten die Juden in Krakau, daß die Züge nach
Auschwitz fuhren und die Deportierten dort vergast wurden. Frauen aus dem
Ghetto, die täglich bei den Polizeiunterkünften arbeiten mußten, unterhielten
sich mit den Polizisten sogar darüber: "Sie selbst würden eines Tages dort
auskommen".
Kraftfahrzeuge des Batallions brachten die Menschen vom
Ghetto zum Krakauer Güterbahnhof, wo sie in Güterwaggons hineingepfercht
wurden. Zur Bewachung stieg ein Kommando des Reservepolizeibataillons 65 in
einen eigenen Waggon am Zugende. Ein Mitglied eines solchen Wachkommandos
erinnerte sich besonders an die Maßnahmen, die eine Flucht der Juden verhindern
sollten:
"Wie
viele jüdische Menschen nun an diesem Tage von Krakau nach Auschwitz
transportiert worden sind, kann ich nicht genau sagen. Der Güterzug hat
meines Wissens jedoch 25-30 Waggons gehabt, die voll mit jüdischen Menschen
beladen waren. Die Fahrt von Krakau nach Auschwitz hat meines Wissens einige
Stunden gedauert. Soweit ich das heute noch in Erinnerung habe, ist der Zug
auch laufend durchgefahren. Dies geschah schon deshalb, um Ausbrüche zu
vermeiden. (...) Hinsichtlich eventuell fliehender jüdischer Menschen bestand
der Befehl, auf diese zu schießen. Wer diesen Schießbefehl allerdings erteilt
hat, kann ich nicht mehr sagen. Soweit ich mich noch erinnere, sind uns
unsere Verhaltensmaßnahmen jedoch von einem Offizier des Batallions bekannt
gegeben worden. Ich
erinnere mich auch, daß auf dem Transport von Krakau nach Auschwitz einzelne
jüdische Menschen geflohen sind. Diese hatten die Waggonluken gewaltsam
geöffnet und sich während der Fahrt dort heraushängen und herunterfallen
lassen. Von uns konnte dies jedoch kaum verhindert werden, da der Zug laufend
durchgefahren ist. Ich meine, daß bei dem Transport auch von Leuten von uns
auf fliehende jüdische Menschen geschossen wurde, bin jedoch nicht mehr in
der Lage anzugeben, wer geschossen hat, und ob einzelne fliehende jüdische
Menschen auch getroffen wurden. (...) Wir sind mit dem gesamten Zug direkt
bis ins KL hinein gefahren. Als wir das Lager erreicht hatten, war unser
Auftrag erledigt. Ich weiß noch, daß wir direkt nach unserer Ankunft in
Auschwitz ein Lokal in der Nähe des KL aufgesucht haben und dort etwas
gegessen haben. Anschließend hat unser Kommando geschlossen die Rückfahrt mit
der Eisenbahn (Personenzug) von Auschwitz nach Krakau angetreten". |
Die meisten der im Sommer und Herbst 1942 aus dem Krakauer Ghetto Deportierten
wurden in den Vernichtungslagern Belzec und Auschwitz gleich nach ihrer Ankunft
durch Gas ermordet. Wer in Auschwitz bei der "Selektion" nicht sofort
in die Gaskammer geschickt wurde, starb infolge Zwangsarbeit, Hunger und
Krankheiten. Viele der entkräfteten Menschen überlebte erst gar nicht den
stundenlangen Transport. Was an dem Zielort der Deportationszüge geschah,
konnte den Polizisten kaum verborgen bleiben. über den hohen Zaun eines Lagers
sahen sie "hohe Kleiderberge", außerdem bemerkten sie
"Leichengeruch" und Geruch von "verbrannten Haaren. In einer
Gaststätte in der Nähe von Auschwitz berichtete ihnen ein betrunkener SS-Mann
von der Ermordung durch Gas und der Verbrennung von Leichen.
Außer den geschilderten Einsätzen in Kielce und Krakau haben
weitere solcher "Aktionen" stattgefunden. Jedoch reichen die in den
Vernehmungen gemachten Angaben nicht aus, sie hinsichtlich Zeit und Ort näher
zu bestimmen. Das Batallion, wenigstens aber ein aus Batallionspolizisten
gebildetes Kommando, hatte sich regelrecht darauf spezialisiert,
Ghettoräumungen durchzuführen. Als ein Beleg für diese Einschätzung kann das
Geständnis eines Gelsenkirchener Handwerkers gelten, der sich selbst beschuldigt
hatte, innerhalb von acht Wochen "5 bis 6 mal" als Absperrposten
einem Kommando angehört zu haben, dessen Aufgabe die Ermordung von Alten,
Frauen und Kindern im Zusammenhang mit Deportationen gewesen war". Auch
spricht die Tatsache, daß sich kaum noch ein Beteiligter an Ortsangaben und
Besonderheiten der mitgemachten Einsätze erinnerte, abgesehen von Verdrängung
und nur vorgegebene "Gedächnislücken" in den Vernehmungen, für die
Häufigkeit solcher Erfahrungen.
4. Der Holocaust als Charakteristikum der
Batallionsgeschichte
Die dargestellten Fallstudien umfassen diejenigen Phasen der
Batallionsgeschichten, in der mit Abstand die meisten Menschen ermordet wurden.
Jedoch blieb die Umsetzung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik auch
in den folgenden Kriegsjahren eine zentrale Aufgabe beider Formationen. Die
direkte Einbindung in den Genozid, die spätestens mit der Verlegung des
Reservepolizeibataillons 65 aus den Niederlanden in die Sowjetunion begonnen
hatte, setzte sich über den Winter 1942/43, als die Einheit im Distrikt Lublin
tätig wurde, fort. Das gleiche gilt für den weiteren Weg des Polizeibataillons
316, das ebenfalls bis Kriegsende funktionaler Bestandteil des Besatzungs- und
Verfolgungsapparates blieb.
Der Kampf gegen tatsächliche oder vermeintliche Partisanen
sowie versprengte russische Soldaten, mehrfach auch Fronteinsätze, bestimmen
einen wichtigen, aber eben nur einen Teil der gesamten Batallionszeit. Dagegen
zieht sich der Holocaust wie ein roter Faden durch die Geschichte beider
Einheiten. Die Etappen der immer brutaler und kompromissloser werdenden
nationalsozialistischen Vernichtungspolitik spiegeln sich geradezu in den
Einsätzen der Polizeibataillone 65 und 316.
Binnen kürzester Zeit vollzogen die Polizisten die
Ausweitung des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion mit, als in wenigen
Wochen des Sommers 1941 die Massenerschießungen von jüdischen Männern im
wehrfähigen Alter schrittweise auch die unterschiedslose Ermordung von Juden
jeden Alters und Geschlechts ausgeweitet wurden. Im Herbst 1941 gipfelte diese
Entwicklung in der Auslöschung der großen jüdischen Gemeinden von Mogilew und
Bobruisk durch das Polizeibataillon 316.
Diese Radikalisierung des Ostkrieges wurde auf das
Generalgouvernement übertragen und das durchaus im wörtlichen Sinne. Denn als
im Sommer und Herbst 1942 die Männer des Reservepolizeibataillons 65 im Raum
Krakau Ghettoräumungen und Deportationen durchführten, konnten sie auf prägende
Erfahrungen zurückgreifen: Bestandteile ihres mentalen Marschgepäcks in Polen
waren Abstumpfung, Enthemmung und Routine aus einem Jahr Vernichtungskrieg im
Baltikum und Nordrussland.
Ein weiteres Kennzeichen der Umsetzung des Mordprogramms war
seine Bedingungslosigkeit. Nach den großen Ghettoräumungen wurde Jagd auf
einzelne Untergetauchte gemacht, um niemanden entkommen zu lassen. Zu diesem
Zweck durchstreiften Männer des Reservepolizeibataillons 65 von Herbst 1942 bis
Frühjahr 1943 bei Lublin Waldgebiete nach Juden, die Schutz in Erdhöhlen
gesucht hatten, um sie an Ort und Stelle zu erschießen.
Auch für die europäische Dimension der
"Endlösung", als Juden aus dem gesamten deutschen Herrschaftsbereich
in die Ghettos und Vernichtungslager Osteuropas deportiert wurden, lassen sich
Beispiele aus der Geschichte beider Einheiten anführen. Während seiner
Stationierung in Südfrankreich führte das Polizeibataillon 316 gemeinsam mit
der französischen Polizei vom 22. bis 27. Januar 1943 eine groß angelegte
Razzia im alten Hafenviertel von Marseille durch. Unter den mehreren tausend
Festgenommenen befanden sich auch 780 Juden, die im März 1943 in das
Vernichtungslager Sobibor gebracht wurden.
Im gleichen Jahr war das Reservepolizeibataillon 65 für die
Begleitung von Deportationen aus Nordeuropa verantwortlich. In den
Aufgabenbereich der Polizisten fiel während ihrer Stationierung in Dänemark die
Bewachung des Internierungslagers Horseröd, in dem zunächst Kommunisten, später
auch Juden inhaftiert waren. In der Nacht vom 1. auf den 2. Oktober 1943
erhielten die Polizisten den Befehl, in Kopenhagen Wohnungen jüdischer Familien
zu durchsuchen. Sie trafen überwiegend ältere Menschen an, die nicht mehr nach
Schweden hatten flüchten können. Eskortiert durch Kräfte des Polizeibataillons
65 wurden 202 Juden und 150 Kommunisten die in Horseröd inhaftiert waren, per
Schiff nach Swinemünde gebracht, um weiter mit der Bahn in Konzentrationslager
abtransportiert zu werden. Es folgten noch weitere Deportationen von Juden (am
12. Oktober über Warnemünde) nach Theresienstadt und in das Konzentrationslager
Oranienburg bei Berlin.
Die europäischen Ausmaße des Völkermords führten zu
Situationen ganz eigener Art, nämlich dem Zusammentreffen von Tätern und Opfern
aus dem Raum Gelsenkirchen in einem kleinen polnischen Ort. Anfang November
1943 wurden bis auf ganz wenige Ausnahmen die noch verbliebenen Arbeitslager im
Raum Lublin aufgelöst und die jüdischen Zwangsarbeiter erschossen. Der damals
35 jährige Albert K., im Zivilberuf Weber in einer Textilfabrik, nahm als
Oberwachtmeister des Polizeibataillons 316 an der Räumung des Lagers Anapol
teil. Albert K. hatte mit anderen Polizisten den Auftrag, das Lager zu
umstellen. Als die jüdischen Häftlinge aufgefordert wurden, zum Appell
anzutreten, kam es zu folgender Begegnung mit einer Zwangsarbeiterin, die sich
noch in ihrer Baracke befand:
"Ich
stand am Lagerzaun, als die Frau das Fenster öffnete. Ich unterhielt mich mit
ihr, sie nannte mir auch noch ihren Namen, den ich aber vergessen habe. Die
Frau erzählte mir u.a., daß sie selbst aus Gelsenkirchen komme, und daß alle
anderen Lagerinsassen Deutsche seien und aus der Gegend
Gelsenkirchen/Recklinghausen stammen würden. Weiterhin erzählte sie mir, daß
sie Jüdin sei und auch alle anderen Lagerinsassen Juden seien. Die Frau
erzählte mir weiterhin, sie wisse schon, was ihr bevorstehe und sie meinte,
es sei gut, dann hätte das Elend ein Ende. Alle Lagerinsassen wurden an
diesem Tag durch Exekutionskommandos der Sicherheitspolizei bzw. des
Sicherheitsdienstes der SS erschossen, die Bewachungsposten stellte die
Ordnungspolizei". |
Sogar die Schlussphase des Holocaust, als die Spuren der
Verbrechen beseitigt werden sollten, bildet ein Kapitel in der Geschichte des
Polizeibataillons 316. Der vorrückenden Roten Armee sollten keine Hinweise auf
die deutschen Massaker in die Hände fallen. Bewacht von Batallionspolizisten
mussten jüdische Arbeitskommandos Massengräber im Raum Lublin öffnen, die
Leichen exhumieren, sie verbrennen und die Asche mit einer Knochenmühle
zerkleinern, bevor sie selbst ermordet wurden.
5. Annäherung an die Motive der Täter
Eine bloße Rekonstruktion von Marschrouten und begangenen
Verbrechen der Polizeibataillone 316 und 65 bleibt unbefriedigend, wenn nicht
auch versucht wird, die Motivstrukturen der Beteiligten zu ergründen. Dabei
stellt sich jedem, der sich mit diesem Feld der Täterforschung befasst, ein
ähnliches Grundproblem: Es mangelt an aussagekräftigen Quellen, die über die
Motive der Polizisten Auskunft geben könnten. Zwar wurden die ermittelten
Batallionsangehörigen in den 1960er Jahren genau dazu von Justiz und Kriminalbeamten
verhört, doch geben die Vernehmungsprotokolle heute wie damals nur einen
begrenzten Blick auf die Mentalität der Akteure frei. Diese Feststellung
betrifft in erster Linie jene Passagen in denen sich die Beschuldigten auf
direkte Nachfrage zu ihren Tatmotiven äußern mussten.
Regelmäßig erklärten sie, daß ihre Teilnahme an den
Festnahmen und Erschießungen einzig aus Angst vor lebensbedrohlichen Strafen
erfolgt sei, sie aber tatsächlichen Verbrechen ablehnend gegenüber gestanden
hätten. Damit beriefen sie sich auf eine rechtliche Konstruktion, die als so
genannter Befehlsnotstand bekannt wurde und in nahezu allen Verfahren gegen
NS-Täter eine Rolle spielte.
Zwar konnten Justiz und Geschichtswissenschaft nachweisen,
daß objektiv eine solche alternativlose Zwangslage nicht bestanden hatte, weil
nach intensiven Recherchen, auch durch die Anwälte der Beschuldigten, kein Fall
bekannt geworden war, bei dem die Verweigerung eines Mordbefehles
lebensbedrohliche Konsequenzen zur Folge hatte. Um der damaligen Lage der
Polizisten gerecht zu werden, akzeptierten die Gerichte aber auch den
subjektiven Befehlsnotstand. Dieser wurde dann als gegeben angesehen, wenn der
Befehlsausführende zum Zeitpunkt der Tat irrigerweise davon überzeugt gewesen
war, eine Verweigerung hätte ihn in eine lebensbedrohliche Situation gebracht,
obwohl ihm tatsächlich eine solche Strafe gar nicht gedroht hätte. Immer wieder
beschrieben die Beschuldigten ein auswegloses Szenario, das ihrer damaligen
Situation entsprochen haben soll.
Vor diesem Hintergrund müssen die zum Teil großen
Widersprüche in den Vernehmungsaussagen gesehen werden, deren Wahrheitsgehalt
nicht durch Quellen überprüft werden kann, die einer bewussten Manipulation
unverdächtig sind. Weder stehen für beide Polizeibataillone Aussagen von
unbeteiligten Zeugen zur Verfügung, noch gibt es Briefe oder ähnliche
zeitgenössische Dokumente, die einen unverfälschteren Einblick in die
Mentalität der Polizisten geben könnten.
Einiges spricht dafür, daß solche Polizisten, denen die
Mordaufträge zuwider waren, tatsächlich aus Angst vor nicht genau abschätzbaren
Konsequenzen (aber nicht notwendigerweise aus Angst um ihr Leben, wie sie dann
nach dem Krieg zu Protokoll gaben) die Mordbefehle ausgeführt haben. Letztlich
nahmen sie es in Kauf, sich am Mordgeschehen zu beteiligen, um einem aus ihrer
Sicht nicht einschätzbaren Risiko von vornherein aus dem Wege zu gehen. Sie
befanden sich in einem militärisch organisierten Verband mit klarer
Befehlshierarchie. Diskussionen zwischen Mannschaft und Offizieren über den
Sinn von Befehlen entsprachen weder dem Zeitgeist noch den Gepflogenheiten
innerhalb der Polizei. Insbesondere bei solchen Vorgesetzten, die für ihre
Härte und ihre nationalsozialistische Gesinnung bekannt und berüchtigt waren,
muss es Untergebenen schwer gefallen sein, um eine Freistellung von den
Erschießungen nachzusuchen.
Auf der anderen Seite darf die Bedeutung des Befehlsdrucks
für die Umsetzung der Mordaufträge nicht überschätzt werden. Häufig wurde in
den Vernehmungen die Angst vor hohen Strafen nur vorgeschoben, um weiteren
strafrechtlichen Konsequenzen zu entgehen. Einer älteren Untersuchung zu Folge,
sollen sich höchstens 20 % der angeklagten NS-Täter in einer wirklichen
Konfliktsituation befunden haben, die als subjektiver Befehlsnotstand gewertet
werden kann. Wahrscheinlich war schon der Gedanke an eine Versetzung oder an
ein Disziplinarverfahren ausreichend gewesen, um sich anzupassen. Der
amerikanische Historiker Christopher Browning kam in der bislang fundiertesten
und subtilsten Studie über ein Polizeibataillon zu dem Ergebnis, daß in erster
Linie Gruppendruck und Autoritätshörigkeit, später dann Routine und Abstumpfung
dazu führten, daß "ganz normale Männer" zu Mördern wurden.
Der Kommandeur der von ihm untersuchten Einheit hatte seinen
Männern vor der ersten Massenerschießung ausdrücklich die Teilnahme
freigestellt, sofern sie sich dieser Aufgabe nicht gewachsen fühlten. Nur
wenige traten darauf hin zur Seite und ließen sich vom Mordauftrag entbinden,
die übrigen beteiligten sich an dem Massaker.
Für die beiden Polizeibataillone 65 und 316 ist eine solche
prinzipielle Möglichkeit noch dazu vom Batallionskommandeur, vor versammelter
Mannschaft eröffnet, nicht belegbar. Jedoch war es im Einzelfall beim
Polizeibataillon 316 durchaus möglich, sich ohne ernsthafte Folgen von
Erschießungen freistellen zu lassen. Albert R., der sich selbst belastet hatte,
einem Exekutionskommando angehört zu haben, gab zu Protokoll:
"Ich
kann mich jedoch daran erinnern, dass mein Kamerad Jakob P. noch vor dem
Erschießen bei Hauptmann Kraika vorstellig wurde, mit der Bitte, an den
Erschießungen nicht teilnehmen zu müssen. P. wurde zwar von der Teilnahme
entbunden, er hat jedoch sehr viel an Beschimpfungen als Feigling von Seiten
der Unterführer anhören müssen. Von uns, d.h. seinen Kameraden, wurden ihm
deshalb keine Vorwürfe gemacht". |
Spott und Häme kamen bei anderer Gelegenheit aber sehr wohl
aus dem Kameradenkreis. Denn einige Polizisten versuchten sich durch besonders
gefühlloses Vorgehen als "ganze Männer" hervorzutun. Die Härte gegen
die Opfer wurde zur Härte gegen sich selbst stilisiert. In einer sozialen
Gruppe in der "hartes" Auftreten und bedingungslose Pflichterfüllung
als Tugenden galten, war "den Polizisten die Sorge um das eigene Ansehen
bei den Kameraden wichtiger (...) als irgendein Gefühl menschlicher
Verbundenheit mit den Opfern."
Offensichtlich besaßen nur wenige das Selbstbewusstsein und
die Courage, sich vom Verhalten der Mehrheit zu distanzieren. Erst im Laufe der
Erschießungen von Bialystock mehrten sich die Bitten von Angehörigen der
Exekutionskommandos, abgelöst zu werden. Schon aus funktionalen Gründen machte
es aus Sicht der Offiziere "Sinn", soweit wie möglich bei den
Schützen auf Freiwillige zurückzugreifen, wenn dadurch Fehlschüsse und
Nervenzusammenbrüche vermieden werden konnten. Auch aus den Reihen des Reservepolizeibataillons
65 sind einige wenige Polizisten bekannt geworden, die sich den Mordaktionen
nicht gewachsen fühlten bzw. die um eine andere Aufgabenzuweisung baten.
Welcher Stellenwert einem subjektiv empfundenen Befehlsdruck
auch immer beigemessen wird, bei solchen Polizisten, deren Vorgehen sogar noch
über die gegebenen Befehle hinausging, müssen andere Motive für ihre
Beteiligung an den Verbrechen ausschlaggebend gewesen sein. Zahlreiche
Vorkommnisse zeugen von rassistischen, insbesondere antisemitischen
Einstellungen unter den Batallionsangehörigen. Übergriffe gegen und
Misshandlungen von Wehrlosen waren an der Tagesordnung. Einige der Männer des
Polizeibatallons 316, die in Bialystock bei der Festnahme der Juden mit
Karabinern zugeschlagen hatten, mussten am nächsten Tag durch den Chef der
ersten Kompanie ermahnt werden, dies in Zukunft zu unterlassen, weil dadurch
schon die ersten Waffen beschädigt worden seien.
In der 2. Kompanie verbot Kompaniechef Kraika seien
Untergebenen ausdrücklich, sich an Ausschreitungen gegen die Juden zu
beteiligen. Vorausgegangen war ein "Spießrutenlauf", den Angehörige
der 1. Kompanie zu ihrer Belustigung mit Juden auf dem Hof der
Polizeiunterkunft in Bialystock veranstaltet hatten. Nicht selten artikulierte
sich in solchen Situationen ein allgemeines Überlegenheitsgefühl, das durch die
NS-Ideologie noch zusätzlich aufgeladen war. Jeder Wachtmeister war als
Vertreter der Besatzungsmacht in den Augen der einheimischen Bevölkerung eine
Respektsperson, nicht zuletzt, weil er Herr über Leben und Tod sein konnte. Wer
sein Selbstbewusstsein aus dem Tragen einer Uniform und dem Geben von Kommandos
bezog, der fand genügend Gelegenheiten, seine Machtphantasien auf Kosten
Schwächerer auszuleben.
Wie schnell eine solche Atmosphäre alltäglicher
rassistischer Gewalt in pogromartiges Morden umschlagen konnte, hat das
Massaker vom 27. Juni 1941 in Bialystock gezeigt. Denn schon vor den
Erschießungen am 12. und 13. Juli waren in der nordostpolnischen Stadt über
2.000 Menschen deutschen Ordnungspolizisten zum Opfer gefallen. Polizisten des
Batallions 309, das zeitgleich mit dem Batallion 316 aufgestellt worden war,
trieben mehrere hundert jüdische Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, in
eine Synagoge und setzten das Gebäude in Brand. Die Eingeschlossenen
verbrannten bei lebendigem Leibe, Flüchtende wurden niedergeschossen. Über
mehrere Stunden lang wurde regelrecht Jagd auf Juden gemacht, auch sowjetische
Kriegsgefangene fielen den Erschießungen zum Opfer. Voraus gegangen war aber
ein allgemein gehaltener Befehl, der das Batallion 309 einer Wehrmachtseinheit
zur "Säuberung der Stadt von russischen Versprengten und
deutschfeindlicher Bevölkerung und zur Aufrechterhaltung der Ruhe, Sicherheit und
Ordnung innerhalb der Stadt" unterstellt hatte. Nicht Befehle waren
demnach der Auslöser des Blutbades gewesen, sondern Batallionsangehörige hatten
sich eigenmächtig autorisiert, indem sie den Sicherungsauftrag als Lizenz zum
grenzenlosen Töten auslegten.
Wer in dieser Hinsicht ideologisch nicht in ausreichendem
Maße "gefestigt" war, erhielt Nachhilfe durch "weltanschauliche
Schulung." Petersen, der Chef der 3. Kompanie des Polizeibataillons 316,
sprach im Rahmen einer Unterrichtsstunde von "lebensunwertem Leben, daß
die Juden Volksschädlinge und das deutsche Volk die Herrenrasse sei. Wir
sollten eine seelische Spritze für die bevorstehenden Erschießungen erhalten.
Diese Einwirkungen geschahen u.a. bei Kompanieappellen". Solche Aufrufe
zur Unmenschlichkeit konnten deshalb auf fruchtbaren Boden fallen, weil
antisemitische Ressortiments in der deutschen Gesellschaft der 1930er und
1940er Jahre weit verbreitet waren. Aufschlussreich für die Verhältnisse
speziell bei den Recklinghauser Bataillonen wäre eine noch zu leistende
Untersuchung, wie viele Polizisten der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen zu
welchem Zeitpunkt an beitraten.
Was die Besetzung von Schlüsselpositionen anbetraf, wurde
zumindest in formaler Hinsicht auf eine enge Bindung an die NS-Bewegung
geachtet. So waren zum Beispiel während des Einsatzes in der Sowjetunion alle
drei Kompanie-Führer des Polizeibataillons 316 Mitglieder der NSDAP, zwei von
ihnen gehörten noch zusätzlich der SS an. Die Angaben werden bei näherem
Hinsehen noch aussagekräftiger: Der Chef der 2. Kompanie, Hermann Kraika, hatte
sich schon im Dezember 1932 der SA angeschlossen, der Chef der 3. Kompanie,
Otto Petersen, fand als Absolvent einer SS-Junkerschule zum Polizeidienst. Für
sie bot der Krieg die Möglichkeit, befreit von Rücksichten, die noch im
Reichsgebiet gegolten haben mochten, weltanschauliche Theorie in die Praxis
umzusetzen. Zu diesem ideologischen Moment kam noch ein zusätzlicher Beweggrund
für die Teilnahme an den Verbrechen hinzu, der besonders die Unterführer und
Offiziere motivieren konnte.
Sie erhielten durch die Abordnung zum "Osteinsatz"
die Chance, sich als Führungspersönlichkeiten zu bewähren und für weitere
Aufgaben zu profilieren. Für etwaige Skrupel bei der Umsetzung der
Mordaufträge, sofern sie überhaupt bestanden haben sollten, blieb schon aus
Gründen der eigenen Karriereplanung nur wenig Raum. Aus Sicht von Kraika, Nord
und Petersen bedeutete der "Osteinsatz" zwischen Bialystock und
Mogilew eine Zwischenstufe zu Kommandos über größere Einheiten, die ihnen ab Sommer
1942 übertragen wurden.
Die genannten Faktoren bedingten und verstärkten sich
wechselseitig. Deshalb kann auch kein Erklärungsansatz formuliert werden, der
auf alle Polizisten gleichermaßen zutrifft. Denn das Verhältnis zwischen
ideologischen und situationsabhängigen Motiven konnte individuell
unterschiedlich gewichtet sein. Bei den extremen Gewalttätern spielte
Befehlsdruck keine, sadistische Neigungen, Herrenmenschendenken und
antisemitische Zerrbilder eine große Rolle. Ihre Gewaltbereitschaft war schon
von Beginn an vorhanden und bedurfte keines Abstumpfungsprozesses wie das
Massaker von Bialystock für das Polizeibataillon 316 und die Erschießungen im
Baltikum für das Reservepolizeibataillon 65 gezeigt haben.
Andere Polizisten verhielten sich in unbeobachteten Momenten
den Opfer gegenüber zurückhaltend und sogar hilfsbereit und neigten nur unter
sozialer Kontrolle zu befehlskonformen Handeln. Schließlich war es für die
Umsetzung der Massenmorde gar nicht erforderlich, daß die Polizisten in ihrer
Mehrheit "willige Vollstrecker" im Sinne von fanatischen Judenhassern
waren, die geradezu darauf brannten, sich am Morden beteiligen zu können.
Solange jeder Einzelne die ihm übertragene Aufgabe "pflichtgemäß"
ausführte, war es unerheblich, ob er dies mit besonderem Eifer oder mit
Widerwillen tat.
Nach dem Krieg kehrten die Polizisten beider Batallione in
ihre Heimat zurück, wo sie überwiegend ihre früheren Berufe als Kaufleute,
Handwerker und Arbeiter wieder aufnahmen. Mindestens 243 ehemalige
Batallionsangehörige versahen nach 1945 weiter Dienst bei der Polizei. Davon
waren allein 32 Beamte bei der Polizeibehörde Gelsenkirchen beschäftigt.
Für die Ende der 1950er Jahre einsetzenden Ermittlungen
sollte es sich als besonders erschwerend erweisen, daß ein großer Teil der
Beschuldigten noch oder wieder der Polzei angehörte. Die Justiz beklagte schon
1958, als die Verfahren gerade erst einsetzten, daß in NS-Verbrechen
verwickelte Polizeibeamte durch die ihnen zugänglichen Fahndungsausschreibungen
bestens über die laufenden Ermittlungen informiert waren. Bevor sie vernommen
werden konnten, hatten sie schon untereinander Kontakt gesucht und ihre Aussagen
aufeinander abgestimmt. Dabei fanden sie in den 1960er Jahren Unterstützung
durch die "Kameradenhilfe der Ordnungspolizei", die Beschuldigte bei
der Batallione zu ihrer Klientel zählte.
Aufschlussreich für die Ermittlungen gegen Kollegen ist auch
die folgende Situation, die sich im Mai 1964 in Gelsenkirchen ereignete. Ein
Kriminalmeister des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes reiste aus
Düsseldorf an, um einen als Maurer tätigen ehemaligen Angehörigen des
Reservepolizeibataillons 65 zu vernehmen. Zufällig kam er dabei mit einem
Gelsenkirchener Kriminalbeamten ins Gespräch, wobei er feststellte, "dass
dieser als Batl.- Spieß dem Batl. 65 angehörte und ebenfalls mit dem Batl. in
Polen und Dänemark eingesetzt war. Er äußerte sich dahingehend, daß er bisher
noch nicht vernommen worden sei". Dieser Gelsenkirchener Beamte wurde erst
für März 1965, also ein dreiviertel Jahr später, zur Vernehmung geladen, zu der
er nicht erschien. "Nach fernmündlicher Rücksprache mit ihm brachte er zum
Ausdruck, daß er sich nicht durch einen Beamten des LKA/NW, Düsseldorf
vernehmen lasse, sondern um richterliche Vernehmung bitte".
Die jahrelangen Ermittlungen gegen Beschuldigte beider
Batallione führten zu keiner Verurteilung. Nach acht Jahren Verfahrensdauer im
Falle des Polizeibataillons 316, in deren Verlauf einige der Haupttäter
verstarben, wurden 1966 schließlich 10 Angeklagte vor das Bochumer Landgericht
gestellt. Zwei Jahre, 143 Verhandlungstage und 200 Zeugenaussagen später wurden
sie freigesprochen. Bei neun von zehn Angeklagten beruhte der Freispruch neben
allgemeinen Beweisschwierigkeiten wesentlich auf der Zubilligung einer
Befehlsnotstandssituation (§ 52 StGB). Sogar der zehnte Angeklagte, der sich
nach eigenem, mehrfachen Geständnis freiwillig zu einem Exekutionskommando
gemeldet hatte, konnte den Gerichtssaal als freier Mann verlassen. Die
Ermittlungen gegen die früheren Angehörigen des Reservepolizeibataillons 65
wurden 1971 ohne Eröffnung einer Hauptverhandlung eingestellt.
Geblieben sind begründete Zweifel, ob die
Handlungsspielräume zu Gunsten der Opfer nicht sehr viel größer gewesen waren,
als es die Täter nach dem Krieg Glauben machen wollten.
Beiträge der Gedenkstätte Steinwache
Hrsg. Vom Stadtarchiv Dortmund
„Es war grauenhaft“ / Autor Stefan Klemp
Dortmund. "Ich kann nicht mehr sagen, wie
oft ich als Schütze andere Kameraden ablösen mußte und wer mit mir geschossen
hat. Einmal wurde ich (…) abgelöst."
Ein Dortmunder Schutzpolizist war an einer der größten
Massenerschießungsaktionen im Zweiten Weltkrieg beteiligt und machte dazu eine
Aussage.
Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni
1941 marschierten Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und Polizeibataillone
nach Osten und ermordeten hinter der Front Hunderttausende von Menschen, vor
allem Juden – Männer, Frauen und Kinder. Diese Massenerschießungen waren ein
Hauptbestandteil des Holocaust. Sie wurden nicht von der SS, sondern von
Polizisten verübt. Am 29. und 30. September 1941 töteten sie bei einer der
größten Mordaktionen über 30.000 Juden in der Schlucht von Babi Yar bei Kiew in
der Ukraine. Einer von ihnen war Franz Unseld, Jahrgang 1914, in den 1960er
Jahren Wach- und Einsatzführer der Polizeidienststelle an der Steinstraße, der
"Steinwache".
Franz Unseld hatte seine Laufbahn 1936 in Dortmund begonnen.
Der gelernte Bierbrauer besuchte die Polizeischule. Danach machte er
Revierdienst. Ab 2. November 1940 war er als Zugführer in der 2. Kompanie des
Polizeibataillons 45 im Osten eingesetzt. Es gehörte zum Polizeiregiment Süd.
Auf dem Vormarsch erschossen die Männer des
Polizeibataillons 45 im August und September 1941 Tausende von Juden in der
Ukraine. Fast täglich hielten Funksprüche des Höheren SS- und Polizeiführers
Süd den Massenmord mit schwankenden Opferzahlen fest.
Am 6. September, das Polizeibataillon 45 befindet sich in
Berditschew, meldet er: "Erfolge: 144 Juden erschossen".
Die Aktion vom 29. und 30. September sticht aus der
Vielzahl der Tötungseinsätze heraus:
Die Ereignismeldung UdSSR Nr. 97 vom 28. September 1941
kündigte eine „Exekution von mindestens 50.000 Juden“ an. Auf Plakaten wurden
Juden in Kiew dazu aufgefordert, sich für eine „Umsiedlung“ an einem
Sammelplatz in Kiew einzufinden. Warme Kleidung und Wertsachen sollten
mitgebracht werden.
Als Tatort wurde eine zweieinhalb Kilometer lange Schlucht
namens Babi Yar ausgewählt. Sie war zwischen fünf und 30 Meter tief.
Über 30.000 Juden kamen zum Sammelplatz. Sie wurden von
Angehörigen der Polizei zu Fuß zur Schlucht getrieben, wo sie ihre Wertsachen
ablegen und sich ausziehen mussten. Männer des Polizeibataillons 45 machten
„Leibesvisitationen“. Dann führten sie die Menschen gruppenweise zu den Stellen
der Schlucht, an denen Exekutionskommandos Aufstellung genommen hatten. 40
Männer von der 2. Kompanie des Polizeibataillons 45 bildeten ein
Exekutionskommando. Sie schossen mit Maschinenpistolen.
In den 1960er Jahren wurde Franz Unseld im Dortmunder
Polizeipräsidium zu seinem Einsatz als Beschuldigter vernommen:
"Die (…) herangeführten Juden (…) waren nur mit der
Unterwäsche bekleidet. Männer, Frauen und Kinder kamen der Reihe nach an. (...)
Die Masse stand an einem Hang und konnte auf dem Weg zur Schlucht den
Exekutionsvorgang beobachten. Dann wurden auf die Juden Genickschüsse
abgefeuert. Es hat jeweils nur ein Schütze abgefeuert. Beide Schützen haben
sich gegenseitig abgelöst.
(…) Ich habe aber zugesehen, wie manchmal Mütter mit ihren
Kindern auf dem Arm an die Reihe kamen. Meistens haben die Mütter ihre Kinder
hingelegt und haben zugesehen, wie ein Angehöriger des Exekutionskommandos auf
das Kind geschossen hat.
(…)
Es war grauenhaft und ein kaum zu schildernder Anblick, wie
die Erschießungen vor sich gingen. (…) Es war damals sehr heiß und es herrschte
ein penetranter Geruch."
Die meisten Menschen wurden am ersten Tag erschossen. Abends
wurde die Aktion wegen der Dunkelheit unterbrochen. Die noch Lebenden mussten
in einer großen Halle übernachten, bevor sie am zweiten Tag ermordet wurden.
Die Ereignismeldung UdSSR Nr. 101 vom 2. Oktober 1941
zieht Bilanz:
"Das Sonderkommando 4 a hat in Zusammenarbeit mit
Gruppenstab und zwei Kommandos des Polizei-Regiments-Süd am 29. und 30.9.1941
in Kiew 33.771 Juden exekutiert."
Von der Erschießung selbst sind keine Bilder vorhanden.
Vermutlich am 1. Oktober machte der Fotograf Johannes Hähle, Mitglied der
Propagandakompanie 637 der Wehrmacht, Aufnahmen in der Schlucht, wo noch die
Kleidung der Ermordeten herumlag.
Nach Beendigung der Massenerschießungen hatten Pioniere der
Wehrmacht die Ränder der Schlucht gesprengt, so dass Erdmassen die Leichen
begruben.
1944 und 1945 war Unseld als Leutnant mit dem
Polizeiregiment 6 in Ungarn eingesetzt. Er kam in Kriegsgefangenschaft und
wurde im Mai 1946 entlassen. Er wurde als „unbelastet“ entnazifiziert. Am 11.
Dezember 1951 wurde er in Dortmund als Wachtmeister wieder eingestellt.
Die Staatsanwaltschaft Regensburg ermittelte in den 1960er
Jahren gegen Angehörige des Polizeibataillons 45. Sie stellte das Verfahren
gegen Franz Unseld 1970 ein. Engelbert Kreuzer, Chef der 2. Kompanie des
Polizeibataillons 45, wurde 1971 vom Landgericht Regensburg wegen Beihilfe zum
Mord zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Als Franz Unseld 1974 in Pension ging, war er
Polizeihauptkommissar.
"Aktion Reinhardt": Hamburger Polizei verübt
Massaker von Józefów /Stand: 21.07.2022 16:40 Uhr
Im Rahmen der "Aktion Reinhardt" erschießt das
Hamburger Reserve-Polizeibataillon 101 am 13. Juli 1942 im polnischen Józefów
mindestens 1.500 Juden. Zigtausend weitere Opfer sollen folgen. Die Täter
hätten eine Wahl gehabt.
von Dirk Hempel
Die "Aktion Reinhardt"
Unter dem Namen "Aktion Reinhardt" beauftragte
Heinrich Himmler, Reichsführer der SS, im Juli 1942 den Lubliner SS- und
Polizeiführer Odilo Globocnik mit der systematischen Ermordung aller Juden, die
in den fünf Distrikten des Generalgouvernements Warschau, Lublin, Radom, Krakau
und Lvov lebten. Etwa jedes vierte Opfer des NS-Völkermords kam
im Rahmen der "Aktion Reinhardt" ums Leben. Auch Roma und
nicht-jüdische Polen gehörten zu den Opfern.
Der Namensgebung der "Aktion", auch bekannt in der Schreibweise "Reinhard",
steht im Zusammenhang mit dem tödlichen Attentat auf den SS-Obergruppenführer
Reinhard Heydrichs 1942 in Prag. Heydrich war einer der Hauptorganisatoren des
Holocaust. Im Rahmen der NS-Ideologie kann der Name des Vernichtungsbefehls als
"Ehrenbezeichnung" mit Vergeltungsanspruch gelesen werden.
Rund 500 Hamburger Polizisten sind am frühen Morgen des 13.
Juli 1942 im polnischen Józefów bei Lublin angetreten. Dort verkündet ihnen
Major Wilhelm Trapp den Einsatzbefehl: Sie sollen die 1.800 Juden des Ortes
zusammentreiben, die arbeitsfähigen Männer abtransportieren - die älteren, aber
sowie Frauen und Kinder sollen sie erschießen.
Major Wilhelm Trapp gibt den Mordbefehl unter Tränen
Der 53-jährige Kommandeur des Reserve-Polizeibataillons 101
kämpft anscheinend mit den Tränen. So sagen es einige seiner Männer in den
späteren Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft aus. Trapp nennt die
Aufgabe "furchtbar unangenehm" und "höchst bedauerlich".
Aber der Befehl komme von "ganz oben". Seine Männer sollten einfach
an die Bombenangriffe
der Alliierten auf deutsche Frauen und Kinder denken.
Teilnahme an der Erschießung ist freiwillig
Die meisten Reservisten sind entsetzt. Zwar waren manche
bereits an Deportationen
der jüdischen Bevölkerung in Hamburg beteiligt. Aber als sie vor drei
Wochen am Bahnhof Sternschanze in den Zug nach Polen gestiegen sind, haben sie
nur mit Wachdiensten gerechnet. Doch Trapp macht den Männern ein überraschendes
Angebot: Wer von den Älteren sich der Aufgabe nicht gewachsen fühle, dürfe beiseitetreten.
Die Ausführenden sind zum Gehorsam erzogen
Es bleibt still in Józefów. Die Männer zögern. Viele sind
Familienväter. Noch vor Kurzem haben sie in zivilen Berufen gearbeitet, als
Hafenarbeiter, Seeleute, Lastwagenfahrer, als Kellner, Friseure oder Gärtner.
Doch sie sind auch im Untertanen-Geist des Kaiserreichs erzogen worden, haben
gelernt, Befehlen zu gehorchen. Viele sind sicher auch von der NS-Propaganda
beeinflusst, die bereits seit Jahren die Juden
als "minderwertige Schädlinge" brandmarkt - von der
Ausgrenzung und Diskriminierung bis hin zur Entrechtung.
Nur wenige weigern sich, zu töten
Deshalb meldet sich auf Trapps Angebot zunächst auch nur ein
Mann, dann zehn oder zwölf weitere, die genaue Zahl ist nicht bekannt. Sie
dürfen die Waffen ablegen. Die anderen Polizisten umstellen den kleinen Ort mit
seinen weißen, strohgedeckten Häusern. Sie durchsuchen das jüdische Viertel und
treiben die Bevölkerung zum Marktplatz. Etwa 300 Männer werden ins Arbeitslager
gebracht, die übrigen 1.500 Menschen nach und nach auf Lastwagen in einen
nahegelegenen Wald gefahren und erschossen.
Morden unter Effiezienzgesichtspunkten
Immer wieder diskutieren die Offiziere um Major Trapp, wie
sie das Töten, das ihnen zu langsam vorangeht, effizienter organisieren können.
Bis zum Abend arbeiten die Erschießungskommandos. Nur wenige Polizisten
entziehen sich dem Morden, verzögern die Hausdurchsuchungen absichtlich,
verstecken sich vor ihren Offizieren oder bitten, zum Wachdienst am Marktplatz
eingeteilt zu werden.
Die anderen arbeiten willig, auch dann noch, als längst klar
ist, dass den Verweigerern tatsächlich nichts passiert. Am Abend werden
die Toten einfach im Wald zurückgelassen, ihre Habseligkeiten auf dem
Marktplatz verbrannt. Dann fahren die Polizisten in ihre Unterkünfte zurück.
Das Hamburger Polizeibataillon 101 und der Holocaust
Die Erschießung der 1.500 Menschen in Józefów Mitte Juli
1942 ist Teil der "Aktion Reinhardt", der systematischen Ermordung
von Juden und Roma im Generalgouvernement - dem besetzten Teil Polens, den das
Deutsche Reich nicht annektiert hat. Bis Ende 1942 töten SS- und Polizeitruppen
mehr als 1,3 Millionen Juden, vor allem in den Vernichtungslagern Belzec,
Sobibor und Treblinka, aber auch bei Deportationen und Aktionen wie in Józefów.
Für das Reserve-Polizeibataillon 101 ist das Massaker vom
13. Juli 1942 nur der Anfang. In der Folgezeit sind die Hamburger
Polizisten an zahlreichen weiteren Morden beteiligt, auch über die "Aktion
Reinhardt" hinaus. Bis Oktober 1943 erschießen sie mindestens 38.000
Menschen und deportieren mehr als 45.000 in die Vernichtungslager. Nach
dem Krieg kehren viele der Täter nach Hamburg zurück und arbeiten
wieder in ihren zivilen Berufen. Einige werden sogar in den Polizeidienst
übernommen.
Die juristische Verfolgung beginnt spät
Erst Anfang der 1960er-Jahre werden
die Verbrechen bekannt. Nach Hinweisen der Zentralen Stelle zur Aufklärung
nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg, die auch heute noch tätig
ist, setzt die Hamburger Polizei eine Sonderkommission ein. Deren Beamte
befragen bis 1967 mehr als 200 ehemalige Bataillonsangehörige.
Um überhaupt Aussicht auf Bewältigung eines so umfangreichen
Verfahrens zu haben, grenzen sie die Suche nach Tätern auf die Offiziere ein.
Einfache Polizisten behandeln sie zumeist als Zeugen, die Befehle ausführen
mussten, um das eigene Leben nicht zu gefährden. Von Major Trapps Angebot am
Morgen des 13. Juli 1942, das diese Zwangslage aufgehoben hatte, wissen sie da
noch nichts. Es wird erst während der Untersuchungen bekannt.
Die Beamten ermitteln jahrelang
Die Beamten, die von manchen Kollegen als
"Verräter" und "Nestbeschmutzer" geschmäht werden, tragen
in großem Umfang Informationen über die Verbrechen der Hamburger Polizeitruppe
zusammen. Sie recherchieren im Laufe der Jahre die Namen aller
Bataillonsangehörigen und die Taten, an denen sie in Polen beteiligt waren. Im
Oktober 1967 werden schließlich 14 Polizisten, vor allem ehemalige Kompanie-
und Zugführer, wegen Beihilfe zum Mord angeklagt und im Jahr darauf fünf von
ihnen verurteilt.
Erfolg trotz niedriger Strafen
Die Haftstrafen fallen mit höchstens acht Jahren wesentlich
niedriger aus als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Sie werden später sogar
noch einmal reduziert. Auch müssen nicht alle Verurteilten ihre Strafe
antreten. Das Gericht hat wie damals üblich ihre angebliche Machtlosigkeit in
der "Maschinerie der Endlösung" angenommen. Zudem hat Trapps Angebot
in Józefów keine strafverschärfende Rolle gespielt. Denn es konnte nicht
bewiesen werden, dass alle Angeklagten davon gewusst hatten.
Dennoch gilt das Verfahren als einer der seltenen Erfolge in
der juristischen Aufarbeitung der Taten von NS-Polizeibataillonen - auch wegen
der zahlreichen Fakten, die die Ermittler zusammengetragen haben. Heute
dokumentiert die Hamburger Polizei die Verbrechen in ihrem historischen Museum.
2016 hat sie im südostpolnischen Józefów zudem die Errichtung eines
Gedenksteins initiiert.
Innensenator und Staatsrätin zum Gedenken in Józefów
Dort wurde am Mittwoch der Opfer des Massakers durch das
Hamburger Reserve-Polizeibataillon 101 gedacht - erstmals auch in Anwesenheit
eines Hamburger Innensenators. Seit zwei Jahrzehnten fahren junge Hamburger
Polizisten und Polizistinnen nach Józefów, um der dortigen Holocaust-Opfer zu
gedenken. Innensenator Andy Grote (SPD) und die für auswärtige Angelegenheiten
zuständige Staatsrätin Almut Möller legten gemeinsam mit Angehörigen von Opfern
und Vertretern der Stadt einen Kranz im Wald nieder - dort, wo vor 80 Jahren
die rund 1.500 jüdischen Kinder, Frauen und Männer erschossen worden waren.
Zu der Gedenkfeier vor der ehemaligen Synagoge der
Kleinstadt kamen auch Angehörige von Opfern aus Israel und New York.
"Diese Reise ist eine harte und schmerzhafte Konfrontation mit dem Ausmaß
an Unmenschlichkeit, zu dem Menschen fähig sind", sagte Grote. "Dass
junge Polizistinnen und Polizisten seit mehr als 20 Jahren hierher kommen,
macht sie stärker und immuner gegen jede Form von Diskriminierung und
Menschenfeindlichkeit."
Stand: 19.01.2012 09:44 Uhr
Hamburger Polizisten als Täter beim Nazi-Terror
von Florian Wöhrle, NDR.de
Nur wenige Hundert Meter vom Rathaus entfernt wurde
gefoltert, misshandelt und getötet: Das Hamburger Stadthaus zwischen Neuem Wall
und Stadthausbrücke war in den Zeiten der Nazi-Herrschaft Hauptquartier der
Hamburger Polizei und zugleich eine Zentrale des Schreckens. Neue Forschungen
zeigen, dass die von dort gesteuerten NS-Verbrechen nicht nur von der Geheimen
Staatspolizei (Gestapo) begangen wurden, sondern auch andere Abteilungen der
Hamburger Polizei erheblichen Anteil an den Gräueltaten hatten.
"Die Rolle der Hamburger Kriminalpolizei und die
Beteiligung der uniformierten Polizei an der Gewaltherrschaft war bisher
weitgehend unbekannt", sagt der Historiker Herbert Diercks von der KZ-Gedenkstätte
Hamburg-Neuengamme. Der 58-Jährige hat aktuelle Forschungsergebnisse über
die NS-Verstrickung der Polizisten zusammengetragen.
Demnach war die Kriminalpolizei auf verschiedenen Ebenen an
den nationalsozialistischen Verbrechen beteiligt. Zu ihren Aufgaben gehörte ab
1933 die Überwachung und Verfolgung von "Berufsverbrechern",
"Asozialen" und Homosexuellen sowie deren Einweisung in
Konzentrationslager. Auch Sinti und Roma wurden verfolgt und schließlich in
Vernichtungslager deportiert. Mit der Befugnis der "vorbeugenden
Verbrechensbekämpfung" ausgestattet konnten Polizisten die sogenannten
Vorbeugehäftlinge ins KZ einweisen, ohne dass es ein Strafverfahren gab.
Razzien gegen Bettler, Juden und Sinti und Roma
So tat sich die Hamburger Kripo bei einer 1938
deutschlandweit angeordneten Razzia gegen "Gemeingefährliche und
Asoziale" hervor: Die Beamten in der Hansestadt verhafteten bei der Aktion
mindestens 700 Menschen und verschleppten sie in das KZ Sachsenhausen bei
Berlin - darunter 60 bis 80 Männer aus dem Nachtasyl "Pik As", viele
Juden mit einer Vorstrafe sowie Sinti und Roma. Bereits im Herbst 1933 hatte
die kurz zuvor gleichgeschaltete Hamburger Kriminalpolizei 1.400 Bettler in "Schutzhaft"
genommen und 108 von ihnen dauerhaft in das Arbeitslager Farmsen eingewiesen.
Während des Zweiten Weltkriegs half auch die Hamburger
Kriminalpolizei dabei, geflohene KZ-Gefangene und Zwangsarbeiter wieder
aufzugreifen. Kriminalbeamte wurden außerdem zu Auslandseinsätzen rekrutiert
und waren teilweise an Massenmorden an der Zivilbevölkerung in der Sowjetunion
und Polen beteiligt.
Die Historiker stießen auch auf erschütternde, bisher
unbekannte Einzelschicksale, wie das des Altonaer Betriebsschlossers Erich de
Giske, der wegen seiner Arbeit in einem Rüstungsbetrieb vom Kriegsdienst
befreit war. Weil er wegen eines Liebesverhältnisses von einem
Frankreich-Urlaub nicht rechtzeitig heimkehrte, wurde er von der Polizei im
Juli 1944 verhaftet und kurze Zeit später im KZ Neuengamme hingerichtet.
Neben Gestapo und Kriminalpolizei waren in der Hansestadt
aber auch die uniformierten Beamten maßgeblich an den Gräueltaten der
Nationalsozialisten beteiligt. So wurden aus den Reihen der Ordnungspolizei
besonders skrupellose Mitarbeiter für das berüchtigte "Kommando zur
besonderen Verwendung" (K.z.b.V.) rekrutiert. Das Kommando führte Razzien
ganzer Straßenzüge durch und war wegen seiner schweren Misshandlungen
gefürchtet, mit denen es "Geständnisse" erpresste.
Darüber hinaus beteiligten sich Hamburger Ordnungspolizisten
nach der Errichtung des KZ Wittmoor an dem Betrieb der menschenverachtenden
Konzentrationslager. Sie begleiteten Häftlingstransporte, fahndeten nach
entflohenen Gefangenen und bewachten KZ-Häftlinge, die in der Hamburger
Innenstadt zur Trümmerbeseitigung eingesetzt wurden. Uniformierte Polizisten
führten zum Teil auch die Transporte von Juden und Sinti und Roma in
Vernichtungslager durch. Ab Ende 1944 stellten sie außerdem die
Wachmannschaften des KZ Neuengamme.
Zehntausende Erschießungen im Ausland
Die Hamburger Ordnungspolizei war auch mit einigen
Bataillonen im Kriegseinsatz. So sollen die rund 500 Beamten des Bataillons 101
für 38.000 Erschießungen sowie für die Deportation von 45.200 Männern und
Frauen verantwortlich sein.
Die Zusammenarbeit zwischen Kripo und Ordnungspolizei mit
der Gestapo seien in Hamburg eng verflochten gewesen, sagt der Historiker
Diercks. "Durch das Zusammenwirken der Stellen entstand für die Bürger der
Eindruck, die Gestapo sei allgegenwärtig, obwohl sie in Hamburg nur ein paar
Hundert Leute umfasste."
Zusammen liefen die Fäden des polizeilichen Nazi-Terrors im
Stadthaus, das bei einem Luftangriff der Alliierten 1943 schwer beschädigt
wurde und für die Beamten kaum noch zu nutzen war.
Ein Bericht von den Recherchen zur Geschichte des Essener
Reserve-Polizeibataillons 67/Yadvashem.org:
Euer Euch liebender Papi.“ / Von Hermann Spix
Seit seinem Aufenthalt im sogenannten Generalgouvernement im
Juli 1941 verfolgte Heinrich Himmler die Absicht, im Zuge des Generalplans Ost
den Distrikt Lublin, insbesondere den Raum Zamosc zu einem großen
Siedlungsgebiet für Deutsche zu entwickeln. Um dieses Germanisierungsprojekt zu
verwirklichen, wurde die jüdische Bevölkerung von Juli 1942 bis Ende 1943
deportiert und ermordet. Zwischen November 1942 und März 1943 erfolgte die
Vertreibung von mehr als 60.000 polnischen Bauern aus 116 Dörfern, um auch dort
Platz für deutsche Siedler zu schaffen. Der Polizei war dabei die Rolle
zugedacht, die Planungen in die Tat umzusetzen.
In einem seiner zahlreichen Feldpostbriefe schildert der
Wachtmeister der Reserve Kurt Dreyer, der als Mitglied des
Reserve-Polizeibataillons 67 aus Essen im Distrikt Lublin eingesetzt war, die
Räumung eines Dorfes am 8. August 1942:
„...Dann wurden alle Dorfbewohner zusammengetrommelt und
ihnen 2 Stunden Zeit zum Packen einiger Kleinigkeiten gegeben, sämtliche
Personen zwischen 12 und 60 Jahren sollten ins Lubliner Gefängnis und sämtliche
gebrechlichen alten Leute, sowie die 1050 Kinder sollten in Nachbardörfer
verschickt werden...“
Die Reaktion der polnischen Landwirte auf die brutale
Vertreibungspolitik blieb nicht aus. Viele entzogen sich der Willkür durch
Flucht in die Wälder und schlossen sich den Partisanen an, die ihrerseits von
Deutschen bewohnte Dörfer überfielen und Anschläge auf Bahnlinien,
Telegrafenämter oder Rathäuser verübten. Die heftigen Reaktionen der
einheimischen Bevölkerung schienen die Besatzer überrascht zu haben. Sie
bekämpften die Widerständler als Banditen und jeder, der auch nur im leisesten
Verdacht der Komplizenschaft stand, wurde durch die Polizei heftig verfolgt,
festgenommen und erschossen. Dies berichtet auch Dreyer im November 1942 an
seine Frau:
„...wurde die Scheune umstellt und beim Schein von
Leuchtraketen wurde versucht, die Scheune aufzubrechen. Aber es ging nicht,
weil sie von innen verriegelt war. Kurz entschlossen wurde sie in Brand
gesteckt, bald darauf wurde ein paar Mal innen an der Scheunentüre gerüttelt
und ich schoß ein Magazin aus dem Maschinengewehr drauf. Der Brand erleuchtete
taghell die Nacht, und bis zum Zusammensturz der Scheune erfolgte kein Laut
daraus. Dann wurde das Wohnhaus vorgenommen, der Bauer flüchtete nach Aufforderung
mit seiner Familie aus dem Hause, dann wurde dasselbe wieder von innen
verriegelt. Ein paar Handgranaten wurden in die Stubenfenster geworfen und dann
das Haus in Brand gesteckt. Darauf fielen einige Schüsse aus dem Hause. Einen
Versuch aus dem Hause herauszukommen machte niemand. Die ganze Familie des
Bauern war taubstumm und man konnte deshalb aus ihnen nichts herausbekommen,
sie wurden noch in derselben Nacht als Helfershelfer erschossen...“
Auf den Spuren des Essener Polizeibataillons 67
Als Klaus Dönecke und ich vor etwa zwei Jahren aufbrachen,
um die Geschichte des Reserve-Polizeibataillons 67 aus Essen zu erforschen, war
uns noch nicht klar, worauf wir uns eingelassen hatten. Wir haben bei unseren
bisherigen Untersuchungen die ideologischen Vorgaben, Zuständigkeiten,
Befehlsstrukturen, Einsatzbefehle, Lageberichte und Ereignismeldungen und die
Qualität der Beziehungen zum Reichssicherheitshauptamt ermitteln können. Damit
wurde zugleich die administrative Ebene der Polizei im sog. Generalgouvernement
rekonstruiert. Auch die brutale Umsetzung der Entscheidungen vom grünen Tisch
begegnete uns in vielen Dokumenten.
Inzwischen sind wir quasi zu Forschungsreisenden geworden,
die die Spuren des Essener Polizeibataillons 67 in verschiedenen Ländern
verfolgen. Auf unserem Weg in Archive in Deutschland, Holland, Österreich,
Polen und Israel konnten wir sowohl private als auch offizielle Quellen
recherchieren.
Obwohl wir inzwischen tausende von Seiten gelesen und wenn
nötig auch kopiert oder in anderer Form in unsere Quellensammlung haben
aufnehmen können, machen wir noch immer die Erfahrung, dass sich mit jedem
Faden den wir ziehen, neue Zusammenhänge auftun.
So gelang es uns beispielsweise im Berliner Bundesarchiv
personenbezogene Daten zum Stammpersonal des Bataillons zu ermitteln und dabei
auch biographisches Material zu Kurt Dreyer, dem Autor von 250 Feldpostbriefen
zu finden, die einen zentralen Quellenfundus unserer Forschung darstellen.
Noch in den letzten Tagen erreichten uns hunderte Seiten von
Aktenkopien aus Moskau und Majdanek, die es uns ermöglichen, unser Thema
umfassender darzustellen und damit aussagekräftiger zu machen.
Zugegeben: Masse heißt nicht Klasse. Aber in unserem Fall
steht die Materialfülle in ursächlichem Zusammenhang mit der Entwicklung des
Projektes. Uns war im Zuge unserer Recherche immer mehr aufgefallen, dass wir
einer weit umfassenderen Geschichte als ausschließlich der des Bataillons auf
der Spur waren. Die Polizisten begegneten uns in den Quellen nicht mehr als
„Freunde und Helfer“, als welche sie lange gesehen wurden, sondern Vollstrecker
der inhumanen, verbrecherischen Nazi-Ideologie. Somit waren die Essener
Reservisten in größere Zusammenhänge eingebunden als wir es uns zu Beginn der
Recherchen vorstellen konnten.
Vollstrecker der NS-Ideologie
So wissen wir heute, dass die Essener Einheit 1940 und 1941
in Holland eingesetzt war bevor sie im Frühjahr 1942 nach Osten in Marsch
gesetzt wurde. Schon während ihres vierwöchigen Aufenthaltes in Wloclawec (dem
damaligen Leslau im Warthegau) waren sie offenbar an Aktionen gegen Juden und
Polen beteiligt.
„...ich war von Freitagabend bis Sonnabend wieder fort
und habe sehr schweren Dienst gehabt. War ganz in der Nähe von Kutno (...) und
das, was ich dort gemacht habe, werde ich Euch bei Gelegenheit berichten.
Jedenfalls waren es keine angenehmen Sachen...“
Auch die Erschießung von Geiseln zählte zum Repertoire der
Essener Einheit im sogenannten Banditenkampf. Am 1. August schrieb Dreyer aus
Hrubieszow an seine Familie:
„...Inzwischen waren die übrigen Kameraden heute Morgen
mit dem Lastwagen fortgefahren um 20 Geiseln zu holen. Haben dabei 8 Mann
erschossen (weil sie nicht mehr auf den Wagen passten)...“
Ende Juni 1942 erreichte das Essener Bataillon dann sein
künftiges Einsatzgebiet südlich von Lublin, die 2. Kompanie bezog ihre
Stützpunkte in den Kreisen Krasnystraw und Hrubieszow.
Seit Frühjahr 1942 wurden im Vernichtungslager Belzec in Südost-Polen von
SS-Schergen tagtäglich hunderte Menschen ermordet. Trotzdem erließ Himmler im
Sommer des Jahres den Befehl bis zum 31. Dezember des Jahres alle Juden, die im
Generalgouvernement lebten, systematisch zu ermorden. In diese als
„Aktion-Reinhard“ bekannt gewordene Orgie des Tötens war auch das Essener
Bataillon auf vielfältige Weise verstrickt.
Raciborowice, am 5. Juli 1942
„...Dann kommt wieder eine tiefe Senke mit
undurchdringlichem Unterholz bewachsen, die SMG kämmen das Stück wieder ab,
dann höre ich direkt vor mir, Geschreie und Weinen von Frauen und Kindern und
dann wieder unheimliche Stille. Nur leises Stöhnen. Langsam gehe ich vor und
sehe, dann plötzlich kurz vor mir, eine furchtbar primitive Laubhütte mit 6
Personen drin, 3 Kinder 2 Frauen und einem alten Mann. Auf meine Meldung
bekomme ich den Auftrag die Hütte zu räumen, aber sie heben mir nur die Röcke
hoch und zeigen, dass sie alle Bauch- und Beinschüsse bekommen haben. Es ist
eine Judenfamilie, die deutsch spricht. (...) Kurzer Hand werden alle durch
Genickschuss erledigt...“
Perspektiven der Täter
Bei aller Brutalität und Unmenschlichkeit, die in der
Feldpost mit wachsender Distanziertheit und Routine beschrieben wird, fragt man
unwillkürlich nach dem Hintergrund des Verfassers solcher Zeilen. Wir möchten
mehr über seine Herkunft erfahren, das soziale Umfeld seiner Kindheit, seine
schulische Laufbahn, über die Einflüsse, die bei ihm wirksam wurden, und so
fragt man schließlich nach den Gründen, die ihn bereits als 24-jährigen 1927
zur NSDAP geführt haben: Mitgliedsnummer 57206. Wie hatte Kurt Dreyer zu dem
werden können, der er später war?
Seine Post in die Heimat schloss Kurt Dreyer meist mit dem
Satz: Viele Grüße, Euer Euch liebender Papi.
Neben der bisher skizzierten Täterperspektive haben sich
dabei auch weitere Aspekte ergeben. Neben den Dokumenten der Täter sind wir in
vielen Fällen auch auf Erlebnisse und Erfahrungen der Opfer von ein und
demselben Ereignis gestoßen.
Jene Verfahren, die in den 1960er Jahren wegen
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingeleitet wurden,
endeten mit Freisprüchen. Hätte die Justiz das Material zur Verfügung gehabt,
das uns heute zugänglich ist und hätte die Bundesrepublik größeres Interesse an
der Verfolgung von NS-Tätern gehabt, wären viele Täter wahrscheinlich nicht
ungeschoren davon gekommen.
Hermann Spix ist Lehrer und Autor, sowie Mitglied des
Vereins Geschichte am Jürgensplatz.
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