Donnerstag, 4. März 2021

Alles, was recht ist

 Wenn ein Nachbarschaftsstreit vor Gericht landet, kann das für alle Beteiligten nicht nur unangenehm, sondern auch teuer werden. Doch zum Glück gibt es Menschen wie Anja Lüthe.

Hünxe. Die 50-jährige bekleidet neben ihrem Beruf als freiberufliche Projektleiterin seit fünf Jahren das Ehrenamt als Schiedsfrau. Gerade erst ist sie vom Gemeinderat für weitere fünf Jahre in Ihrem Amt bestätigt worden. Wer in Drevenack oder Krudenburg wohnt und zum Beispiel Streit mit seinem Nachbarn hat, ist bei der Schiedsfrau an der richtigen Adresse, um diesen schnell, unkompliziert und rechtsverbindlich beizulegen. Im Gespräch mit dem Lokalkompass und dem Niederrhein Anzeiger berichtet Anja Lüthe, was es mit ihrem Ehrenamt im Dienste der Rechtspflege auf sich hat.

Wie kamen Sie zu Ihrem Ehrenamt?
Anja Lüthe: Mein Jugend-Wunsch war es, Jura zu studieren. Aber durch einen persönlichen Schicksalsschlag, den frühen Tod meiner Mutter, ist alles anders geworden. Durch die Tätigkeit als Schiedsfrau bin ich dann meinem Jugend-Wunsch wieder ein Stück näher gekommen. Zudem hat mein Großvater mir bereits in jungen Jahren einen großen Gerechtigkeitssinn mit auf den Lebensweg gegeben und mir beigebracht, dass man jeden Streit friedlich beilegen kann und das unbewältigter Streit Menschen krank machen kann. Diese Weisheit hat meine Entscheidung für das Ehrenamt noch zusätzlich bestärkt.

Was muss man als Schiedsfrau mitbringen?
Anja Lüthe: Vor allem Lebenserfahrung, gute Menschenkenntnis, eine hohe Einsatzbereitschaft und Interesse an juristischen Abläufen. Ich habe mehrere Fortbildungen im Zivil,- Straf und Nachbarrecht absolviert und in diesem Zusammenhang auch die Mediation erlernt. Das alles ist Voraussetzung für eine gute Amtsausführung.

Bekommen Sie als ehrenamtliche Schiedsfrau eine finanzielle Aufwandsentschädigung?
Anja Lüthe: Ja. Das sind in meinem Fall monatlich 40 Euro, die ich zum Beispiel für Fahrt,- Porto,- Telefon- oder andere Bürobedarfs-Kosten einsetzen kann.

Was motiviert Sie zu ihrem Ehrenamt als Schiedsfrau?
Anja Lüthe: Meine Lebenserfahrung und meine Berufserfahrung zeigen mir, dass man Konflikte, egal welcher Art, gut lösen und beilegen kann, wenn man mit menschlichem Einfühlungsvermögen, einer guten Kommunikationstechnik und gutem Menschenverstand an die Probleme herangeht. Ich leiste mit meiner Tätigkeit als Schiedsfrau einen wesentlichen Beitrag für ein konfliktfreies Zusammenleben und entlaste damit die Amtsgerichte.

Mit welchen Konflikten werden Sie konfrontiert?
Anja Lüthe: Ich übernehme Fälle wie zum Beispiel Hausfriedensbruch, Beleidigung, üble Nachrede, leichte oder fahrlässige Körperverletzung, Nachbarschaftsstreitigkeiten wie zum Beispiel Streit um Grundstücksgrenzen und Heckenschnitt, zudem Fälle von vermögensrechtlichen Werten, wie zum Beispiel Herausgabe von Dingen, wie zum Beispiel Möbel aus einer gemeinsamen Wohnung.

Können Sie alle Ihre Fälle mit einem Vergleich beenden?
Anja Lüthe: ja. Bisher konnte ich alle Verhandlungen mit einem Vergleich beenden.

Sie werden als Schiedsfrau sicher oft mit sehr privaten und auch heiklen Fakten konfrontiert.
Anja Lüthe: Ja. Aber ich bin ebenso wie Richter oder Rechtsanwälte vereidigt und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Als Schiedsfrau stehe ich unter der dienstlichen Aufsicht des Amtsgerichtes, das mich auch bei juristischen Nachfragen jederzeit gut unterstützt.

Können Sie in der Corona-Pandemie Ihres Schiedsamtes walten?
Anja Lüthe: Nicht wirklich. Denn mit Blick auf die Corona-Schutzbestimmungen kann ich zurzeit im Rathaus keine Präsenz-Verhandlungen führen. In einigen Tür- und Angel-Fällen konnte ich Konfliktparteien aber telefonisch auf dem kurzen Dienstweg weiterhelfen.

Sind Schiedsverhandlungen für die Streitparteien kostenfrei?
Anja Lüthe: Nein. Die Gebühren betragen zwischen zirka 50- und 100 Euro. Das ist im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren kostengünstiger. Hinzu kommt, dass die Schiedsverfahren kurze Verfahrenszeiten haben, anders, als gegenüber den meisten gerichtlichen Prozessen.

Wie rechtsverbindlich sind die Vergleiche Ihrer Verhandlungen?
Anja Lüthe: Die Vergleiche sind für die Parteien bindend. Sie sind ein Rechtstitel, der 30 Jahre lang vollstreckbar ist.

Wie kommt man im Fall der Fälle mit Ihnen in Kontakt?
Anja Lüthe: Unter der Rufnummer: 0175-1996711 oder per Mail unter: Schiedsamt@huenxe.de


aus dem Niederrheinanzeiger vom 09.02.2021

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wo die Kumpel zuhause waren

  Der Mülheimer Bergbau ist Geschichte. 1966 machte mit Rosen Blumen gelle die letzte Zeche dicht Punkt Mülheim war damals die erste Bergbau...